Wünsch Dir was!
Ja! 100%
Nein! 0%
Medellín River during Christmas 2004, in Medellín, Colombia. Photographer: Alejandra Zapata
Rund um Weihnachten haben wir endlich Zeit das turbulente erste halbe Jahr von BKULT und die Diskussionen in Ruhe Revue passieren zu lassen. Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich bei allen Beratern, Autoren und Kommentatoren bedanken, die BKULT aktiv mitgestaltet haben. Ohne Euch ginge es nicht!
Seit dem 18. Juni gehen wir zweiwöchentlich mit einer neuen provozierenden Frage online. Es ging um Klimawandel, Mobilität und Wohnen, aber auch um tagesaktuelle Ereignisse, wie die Schlagzeilen um den jungen römischen Renderer oder Sinn und Zweck der Architekturbiennale, die mit Wolf D. Prix’ provokantem Statement internationale Wellen schlug.
Bisher hat es hier und da zwar noch geholpert, aber das soll sich ab dem 14. Januar ändern, wenn BKULT den Status der Betaversion abschütteln wird. Dann wird endlich – auf vielfachen Wunsch hin – jeder auch Bilder und Filme zu seinen Beiträgen hochladen können.
Zukünftig werden die Debatten noch mehr Bodenhaftung durch zusätzliche offline-Diskussionsveranstaltungen aus dem Leben „da draussen“ erhalten. Los geht es mit der ersten Diskussion zur Frage, ob sich die Architekten durch die Industrie in Punkto Innenraum die Butter vom Brot haben nehmen lassen, mit einer Podiumsdiskussion auf der Contractworld in Hannover am 14. Januar 2013. Eine weitere Veranstaltung ist für den „Konvent der Baukultur“ auf der BAU in München am 18. Januar geplant.
Auch wollen wir die Möglichkeiten der Gastredaktion weiter ausbauen. Herzlichen Dank an dieser Stelle für die spannenden Diskussionen an unser Gastredakteure aus 2012: Claas Gefroi und Deadline. Jeder kann bei BKULT eine Gastredaktion übernehmen. Wir freuen uns immer über „Bewerbungen“ mit entsprechenden Themen- und Autorenvorschlägen.
Wer nicht gleiche eine zweiwöchige Gastredaktion übernehmen möchte, sondern seine Anliegen in einem größeren Forum diskutiert haben möchte, hat jetzt die Chance seine Frage(n) der Woche – und es gibt keine dummen Fragen – auf den BKULT-WUNSCHZETTEL zu schreiben. Wichtig ist dabei nur, dass sie mit einem Ja oder Nein zu beantworten sein muss. Wer also immer schon mal wissen wollte, ob Architektur überhaupt was bewirkt, ob wir nicht zu viele Denkmäler haben, ob sozialer Wohnungsbau unsozial ist oder wer einfach nur „darf das?“ anhand eines konkreten Beispiels aus der Heimatstadt diskutieren möchte, den bitten wir all das auf den Wunschzettel für das kommende BKULT-Jahr zu schreiben. Wir nehmen uns Ihren Fragen zur Baukultur gerne an.
Ab dem 14. Januar geht es damit weiter.
Bis dahin macht BKULT Weihnachtsferien.
Wir wünschen fröhliche Festtage und einen guten Start ins Jahr 2013!
Ilka und Andreas Ruby, Carl Zillich und Julia von Mende
Ja ...
Ja ...
Nein ...
Nein ...
Jein ...
Ja ...
Nein ...
Nachverdichtung um jeden Preis?
Wandel heißt Anpassung – das ist ein Spruch aus der Evolutionstheorie. Er gilt mit Sicherheit, erstreckt sich allerdings über Jahrmillionen und beinhaltet unseren Wandel als Spezies Mensch. Für mich, die ich seit fast einem halben Jahrhundet Lebenserfahrung als lebendiges biologisches und kulturelles Wesen sammle, ist der Wandel Berlins mittlerweile bedrohlich.
Berlin verliert seine Textur und seine Freiräume. Berlin verliert seinen Himmel und seine Blickachsen. Nach und nach geht Luftraum und realer Freiraum an umbaute Flächen verloren. Diese Räume, von denen ich spreche, waren recht häufig Brachen, gar nicht unbedingt im klassischen Sinne nutzbar, aber eben da, als Blickfreigeber im Gewebe der Stadt.
Sie gehen verloren, bedrohlich schnell und vermutlich noch schneller, jetzt nachdem klar wurde, dass Berlin auf prognostizierte ca. 3,7 Millionen anwachsen soll.
Wie schön für die Vitalität dieser Stadt diese Nachricht doch eigentlich ist! - und wie gefährlich möglicherweise für eine Flächenstadt, die an topographischen Ereignissen und natürlichen Strukturelementen arm ist! Man könnte Berlin jetzt immer weiter zumetern mit Häusern, jedes freie Grundstück nutzen, überall ein Haus hinstellen. So war das schon einmal, Ende des 19. Jahrhunderts, als Berlin sogenannte Mietskasernenstadt war. Das steinerne Berlin titelte 1930 eindrücklich das Buch von Werner Hegemann. Es war eines der ersten Bücher, worüber ich in meinem Studium zur Berliner Stadtentwicklung referierte. Es kommt mir dieser Tage traurig wieder in den Sinn. Sogar entlang der Parade-S-Bahn-Strecke, die so wunderbar den Blick freigab auf das Regierungsviertel mit Reichstag, Kanzleramt und den Tiergarten werden jetzt die Häuser hochgemetert. Überall, wo ich dieser Tage langgehe, steht plötzlich in der Blickachse ein Haus.
Keine Großstadt die ich kenne ist so flächig wie Berlin und so arm an strukturgebender natürlicher Topographie. New York ist zu jeder Seite begrenzt von Wasser, Manhatten ist dadurch extrem überschaubar. Nach einem Fußmarsch kommt der Hudson, an jeder Seite; San Francisco lebt von der Topographie, der East Bay und dem Pazifik; Montreal lebt vom Mount Royal und dem Sankt-Lorenz-Strom; London ist viel weniger flächig und kleinstruktürlicher; Barcelona hat das Meer und die Berge als große strukturgebende Elemente – es ließen sich noch viele Beispiele anführen. Moskau ist, nach allem was ich weiß, leider ein trauriges Beispiel für den unbedachten, unwiederbringlichen Verlust von innerstädtischen Freiräumen.
Jede Stadt hat ihre Textur und ihren Rhythmus und ich bin überzeugt, dass es gut und wichtig ist, auf diesen Rhythmus “zu hören”.
Der zweite Weltkrieg war in jeder Hinsicht eine Katastrophe, an dessen Ende Berlin geteilt war und die Stadt zerstört. Daraus ist das heutige, offenwundige Berlin geworden; ein Freiluftmuseum der jüngeren europäischen Geschichte, die eben auch eine Geschichte von Freiräumen und Befreiung ist. In diesem Sinn gehöre ich zu Berlin, denn auch ich bin ein lebendiges Beispiel der andauernden geistigen und physischen Befreiung, die die Bundesrepublik und Berlin zu dem gemacht hat, was sie heute sind. Als solche rufe ich alle, denen Berlin am Herzen liegt, dazu auf, die Freiräume Berlins als Wesenseigenheit zu betrachten und sich ihrer immensen Bedeutung bewusst zu sein. Was an gebauter Substanz erstmal steht, das steht – und zwar für lange Zeit!
Himmel, zumal der Berliner Himmel, ist ein großes Gut in einer Stadt. Er steht für Weitblick. Es mag Luftraum sein, aber als solches ist es eben auch Freiraum. Ich möchte hier weiter leben können, mit und neben den anderen 3 699 999 Menschen, in einer Stadt, die weiter Raum lässt – in jeder Hinsicht.
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