"Ist der Wettbewerb
das Rauschgift
der Baukultur?"

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Architekturwettbewerbe gelten als Königsweg der Architektur. Sie werden veranstaltet, wenn für eine anstehende Bauaufgabe der beste Entwurf hinsichtlich Funktion, Ökonomie, Ästhetik und vieler weiterer zum Teil divergierender Anforderungen, gefunden werden soll. Hält sich der Auslober am Ende an die Vorgaben der Jury und das preisgekrönte Projekt wird realisiert, was nicht immer der Fall ist, sind alle glücklich. Ausgenommen natürlich die vielen Architekten, die ihren Beitrag eingereicht haben und leer ausgegangen sind.

 

Das ist die Crux und das ist das wesentliche Argument, das dem offenen Architektenwettbewerb oft entgegengehalten wird. Es gibt immer nur einen Gewinner und viele Verlierer. Vom unternehmerischen Standpunkt aus sei dies unverantwortlich, so hört man immer wieder und gesamt volkswirtschaftlich grenze eine solche Verschwendung von Arbeitskraft an Wahnsinn. Kann schon sein.

 

Vom unternehmerischen Standpunkt aus ist das Wettbewerbswesen nicht unbedingt verkehrt. Viele Architekten schätzen es, ihr kreatives Potenzial zu trainieren und sich mit ihren Mitbewerbern im Wettkampf zu messen. Denn wo sonst hat ein Architekt die Gelegenheit seine eigene Kreativität auszuleben als im Wettbewerb? Von der Präsenz des eigenen Büros in der Wettbewerbsszene verspricht sich manch einer eine werbewirksame Außenwirkung, denn die Medien publizieren gerne die Wettbewerbsergebnisse. Wer dabei ist, gehört dazu – zumindest einen kurzen Rausch lang – und wer dazu gehört, ist wichtig. Und auch die immer wieder beschworene volkswirtschaftliche Verschwendung von Kreativpotenzial, die dem Wettbewerbswesen innewohnt, kann man durchaus sportlich sehen. Es ist für jeden Architekten immer eine unternehmerische Entscheidung, wie viel er in Wettbewerbsverfahren investieren will und jeder muss für sich selbst abwägen, ob es sich für ihn lohnt oder nicht. Wenn manch einer zehnmal pro Jahr in den Ring steigt und dabei einen gewonnenen Wettbewerb realisiert, kann man durchaus von einer erfolgreichen Strategie sprechen.

 

Der eigentliche Wahnsinn ist bei dieser vordergründigen Betrachtung aber noch gar nicht zur Sprache gekommen. Es herrscht zwar ein Konsens darüber, dass der Wettbewerb gut für die Architektur ist. Gute Architektur allein macht aber noch keine Baukultur. Denn wie das Wort bereits sagt, beschreibt der Begriff die Kultur, in der gebaut wird. Das schließt die Bedingungen, unter denen geplant wird, mit ein. Unsere Baukultur wird heute nicht unerheblich davon geprägt, dass das Angebot an Architektenleistungen größer als die Nachfrage ist. Architekten arbeiten heute in einem gesättigten Markt.

 

Diese Situation wird durch Wettbewerbe eher verschärft als überwunden, denn in einem Wettbewerb gibt es naturgemäß auch immer nur einen Gewinner. Das Wettbewerbswesen, das auf dem Prinzip der Konkurrenz beruht, ist deshalb ein genaues Abbild der Marktsättigung.

 

Ist da die Suche nach dem Besten anhand des Architektenwettbewerbs wirklich die richtige Antwort oder ist der Wettbewerb vielmehr der Teufel, mit dem der Beelzebub ausgetrieben werden soll? Wird die Marktsättigung nicht erst überwunden, wenn der Markt komplexer wird und wenn Architekten erkennen, was sie voneinander unterscheidet? Wäre es für den Berufsstand nicht zukunftsweisender zu beginnen, unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen, Communities aufzubauen, wie es beispielsweise in den Baugruppen geschieht? Schreibt die Suche nach der besten Architektur nicht das Strukturproblem eines ganzen Berufstands fort und betäubt die schmerzhaften Symptome mit reichlich Glamour? Ist der Wettbewerb also das Rauschgift der Baukultur?

 

 

Diese Debatte wird gastkuratiert von Elke Anna Mehner und Volker Eich vom Strategiekreis Architekten. Volker Eich hat DAS STRATEGIEBUCH FÜR ARCHITEKTEN geschrieben.

 

andrea contursi / 21.1.2014 / 11:21

Dipl.-Ing., Köln

Jein ...

Heutzutage ist die Wettbewerbslage in Deutschland gerade für kleine Büros und junge Einsteiger äußerst ungünstig.Auswahlmethoden wie das Verhandlungsverfahren nach VOF vergünstigen nur Planungsbüros mit größem finanziellem Hintegrund. Ergebnis ist, dass nur wenige große Büros bzw. "Stararchitekten" überhaupt zu der Endphase zugelassen werden können. Nur die Vorbereitung der VOF-Unterlagen ist zeitlich und energetisch so aufwendig, dass die meisten Architekturbüros sich nicht mehr trauen, unbezahlte Arbeitsstunden dafür zu leisten.Diese Situation widerspricht dem wahren Sinn der Architekturwettbewerbe, indem in erster Linie nicht die räumliche und inhaltliche Qualität des Entwurfs, die Forschung und die Innovation belohnt werden, sondern die wirtschaftliche Sicherheit des Verfahrens. Auf dieser Weise läuft in der Architekturszene heutzutage ähnlich wie in der neoliberalistischer Weltwirtschaft: Die Reiche werden immer reicher, die Arme immer ärmer.Ziel des Architekturwettbewerbs sollte in erster Linie die qualitative Verbesserung der gebauten Umwelt sein.Dafür wäre sinnvoll, neue Auswahlverfahren auszuprobieren, die die Beteiligung kleiner und jüngerer Architekturbüros fördern sollte. Ein Beispiel wäre zum Beispiel die Organisation von lokalen bzw. regionalen Wettbewerben, bei denen die lokalen Architekturbüros gegen Bezahlung einer Kostenentschädigung zur Lösung einer ortsspezifischen Entwurfsaufgabe eingeladen werden könnten.Ich denke, dass solche Verfahren zu einer zunehmenden allgemeinen Sensibilisierung von Bürgern und Stadtverwaltungen gegenüber dem Problem der räumlichen Qualität der gebauten Umwelt sehr viel beitragen würden.       
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Benjamin Hossbach / 29.10.2013 / 23:13

Architekt, Berlin

Ja ...

Wie bei jedem Rauschmittel gilt es jedoch, die Anwendung durch verantwortungsvoll von der Gesellschaft definierte und verfolgte Regeln zu kanalisieren, und das jeder Konsument für sich die richtige Dosierung wählt. Nur so kann der Genuss vorwiegen und nicht Sucht und Missbrauch.Die Abwägung der Kollegen, inwiefern die Teilnahme an Wettbewerben für sie wirtschaftlich ist, liegt in der Verantwortung des Einzelnen und fällt deutlich leichter, wenn der Markt nicht zu eng wird.Zu den verantwortungsvoll gestalteten Regeln darf ich als Wettbewerbsmanager einen Aspekt in die Diskussion werfen. Wettbewerbe können mehr oder weniger sorgfältig vorbereitet werden, sowohl in Bezug auf die Grundlagenermittlung und Definition der Aufgabenstellung, als auch in Bezug auf die Steuerung des Verfahrens in seinen organisatorischen, strategischen und rechtlichen Dimensionen. Wie jede Aufgabe muss auch diese Tätigkeit auskömmlich sein. Die Realität in dieser Nische ist vielerorts ein so großer Preisdruck, dass die Qualität in der Bearbeitung leidet. Leider finden sich zu viele Kollegen, die diese Konditionen akzeptieren, bei großen Projekten wird oft sogar unter der Honorarsumme für die Grundleistungen der Leistungsphase 1 angeboten, die ja vom Wettbewerbsmanager mit erbracht werden. Hier gilt es, unter Auslobern für ein Bewusstsein zu werben, dass die Arbeit des Architekten vor dem Wettbewerb die Basis zur Vermeidung von Risiken für ihn und alle Beteiligten ist – so dass am Ende keine dem Rausch erliegt und das Projekt zum Misserfolg wird. Benjamin Hossbach ist Partner von [phase eins]., einem Team aus Architekten und weiteren Fachleuten, das sich auf das Management in der „phase eins“ von Projekten in den Bereichen Architektur und Städtebau spezialisiert hat. Die Betreuung von Wettbewerben bildet dabei den wesentlichen Teil des Profils. www.phase1.de
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Volker Eich und Elke Anna Mehner / 29.10.2013 / 12:27

Gast-Kuratoren

Jein ...

UNSER RESÜMEE IN ZAHLEN: Anzahl der Facebook User, die die Ankündigung der Wettbewerbsdebatte von BKULT auf Facebook gesehen haben:3.500 Anzahl der Teilnehmer an der Wettbewerbsdebatte von BKULT:22 Anzahl der Teilnehmer, die von uns eingeladen wurden an der Debatte teilzunehmen:18 Anzahl der Teilnehmer, die sich von selbst zu Wort gemeldet haben:4 Anzahl der Personen, die wir zur Teilnahme an der Wettbewerbsdebatte von BKULT eingeladen haben:94  Anzahl der Teilnehmer, die unsere Frage („Ist der Wettbewerb das Rauschgift der Baukultur?“) mit JA beantwortet haben:7 Anzahl der Teilnehmer, die unsere Frage („Ist der Wettbewerb das Rauschgift der Baukultur?“) mit NEIN beantwortet haben:13 Anzahl der Teilnehmer, die unsere Frage („Ist der Wettbewerb das Rauschgift der Baukultur?“) mit JEIN beantwortet haben:2 Anzahl der Teilnehmer, die „die Suche nach dem Besten“ für ein nützliches Verfahren halten, das unabhängig von der Marktsättigung der Baukultur dient:9 Anzahl der Teilnehmer, für die der sportliche Aspekt der Konkurrenz einen hohen Wert darstellt, der unabhängig von Angebot und Nachfrage existiert:2 Anzahl der Teilnehmer, die den Vergleich von Wettbewerben mit dem Sport vehement zurückweisen, weil Profisportler stets gut bezahlt werden:3 Anzahl der Teilnehmer, die vor dem Hintergrund der Marktsättigung kein Problem im Wettbewerbswesen sehen und für eine Bezahlung aller Teilnehmer eintreten:3 Anzahl der Teilnehmer, die vor dem Hintergrund der Marktsättigung kein Problem im Wettbewerbswesen sehen und für eine Abschaffung der Zugangsbegrenzungen eintreten:4 Anzahl der Teilnehmer, die sich lieber auf bezahlte Arbeit und auf die Entwicklung ihres Unternehmens konzentrieren:4 Anzahl der Teilnehmer, die Wettbewerbe hassen, sich aber in Ermangelung marktgerechter Strategien gezwungen sehen trotzdem daran teilzunehmen:1 Anzahl der Teilnehmer, die alternative Wettbewerbsverfahren vorschlagen:2 Anzahl der Moderatoren, die sich bei allen Teilnehmern für ihre Statements und Kommentare bedanken:2 Volker Eich und Elke Anna Mehner sind die Gast-Kuratoren dieser Debatte. Sie haben beide jeweils 15 Jahre als Architekten gearbeitet und sind Inhaber des Beratungsunternehmens STRATEGIEKREIS ARCHITEKTEN BUSINESS DESIGN.Volker Eich hat 2013 DAS STRATEGIEBUCH FÜR ARCHITEKTEN publiziert.       
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Jochen Garbe / 25.10.2013 / 9:31

Landschaftsarchitekt, Berlin

Nein ...

JOCHEN GARBE hatte in seinem ersten Post geschrieben: „Die Wertschätzung von Auslobern gegenüber Architekten, der HOAI – Grundleistungserbringung ohne Honorar – ist leider gering ausgeprägt.“ Wir haben nachgefragt: „Warum ist das so? Warum wird das Deiner Meinung nach so hingenommen?“ Hier ist die Antwort Das ist sicherlich erst einmal ein allgemeines gesellschaftliches Phänomen.Dieses wird bei Architekturwettbewerben aber noch verstärkt, da 50 und mehr Ideen zu einer Bauaufgabe eine schlichte Überforderung für alle Beteiligten darstellen und hierdurch der Wert der einzelnen Arbeit geschmälert wird. Und wenn dann noch das Preisgericht herablassend die Leistung der Teilnehmer öffentlich bewertet, darf sich der Berufsstand über mangelnde Anerkennung in der Gesellschaft nicht beschweren. Als öffentlich auftretender Architekt repräsentiert man auch immer seinen Berufsstand und damit seine Kollegen. Mir ist da der Wettbewerb Einheits- und Freiheitsdenkmal noch sehr gut in Erinnerung. Wie kann das Preisgericht die Beiträge der 1. Runde in einer für mich unfassbaren Arroganz und Borniertheit als nicht ausreichend abqualifizieren. Ich habe das als Desaster in jeder Hinsicht empfunden. Warum wird das hingenommen? Devotion im Sinne von Unterwürfigkeit. Über den Wettbewerb kann auch sehr schön in Wikipedia nachgelesen werden. http://de.wikipedia.org/wiki/Freiheits-_und_Einheitsdenkmal Zitat: Erster Wettbewerb Dazu wurde Anfang 2009 ein offener, zweistufiger Wettbewerb ausgelobt. Aus den anonym eingereichten Arbeiten sollte ein Preisgericht 20 Teilnehmer zur Teilnahme an der zweiten Stufe auswählen. Bis dahin gingen 532 Arbeiten aus dem In- und Ausland ein, unter anderem von Jonathan Borofsky, Gottfried Böhm, Axel Schultes, Rob Krier, Waldemar Otto und Graft Gesellschaft von Architekten. Eine 19-köpfige Jury traf sich am 27. April 2009 zu einer Preisgerichtssitzung, in der keine Arbeit die von der Jury gewünschte absolute Mehrheit erhielt, worauf sie den Wettbewerb abbrach. In der Presse waren danach abfällige Äußerungen von Jurymitgliedern zu vernehmen, „ein Viertel der Entwürfe ... [sei] kompletter Schrott“ und „die Naivität vieler Entwürfe [sei] ‚verheerend‘ und ‚beschämend‘“.[2] Kritik am Verfahren des ersten Wettbewerbs Presse, Kammern und Verbände sowie Jurymitglieder waren der Ansicht, dass unter den im ersten Wettbewerb eingereichten Arbeiten durchaus hervorragende, ausarbeitungswürdige Vorschläge waren. Thomas Brussig, Mitglied der Jury, wies die Verantwortung am Scheitern der Jury zu. Diese habe sich mit ca. 30 Sekunden pro Arbeit zu wenig Zeit zum genauen Studium der Konzepte genommen.[3] Andere Kritiker waren der Ansicht, der vom Wettbewerbsrecht nicht vorgeschriebene Beschluss, in der ersten Runde Arbeiten nur mit absoluter Mehrheit für die zweite Runde zuzulassen, zusammen mit der Größe der Jury hätten zum Scheitern geführt. Auch bei doppelt soviel Zeit und anderen Arbeiten wäre es aufgrund der Zusammensetzung der Jury vermutlich zu keiner absoluten Mehrheit gekommen. Weiterhin sei das bewährte Wettbewerbswesen durch den mutwilligen Abbruch insgesamt beschädigt. Es gibt Befürchtungen, dass offene Wettbewerbe, die auch für unbekannte Künstler eine Möglichkeit der Partizipation bieten, in Zukunft mit Verweis auf den hier geschilderten Fall als undurchführbar abgelehnt werden. Die Teilnehmer waren vom Wettbewerbsabbruch und der über sie hereinbrechenden Häme enttäuscht und drängten auf eine erneute Prüfung der Qualität Ihrer Arbeiten.[4]" Jochen Garbe arbeitet als Landschaftsarchitekt in Berlin.
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Michael Mackenrodt / 23.10.2013 / 9:37

wettbewerbsinitiative e. V.

Nein ...

„Wettbewerbe sind Ausdruck einer freien und chancengleichen Gesellschaft. Der Zugang stellt einen rechtlich gesicherten Wert dar, den es zu erhalten und zu stärken gilt. “ Die gegenwärtigen Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber für Planungsleistungen in den Bereichen Architektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung sind immer öfters durch eine systematische Ausgrenzung der großen Mehrheit der in Deutschland tätigen Büros gekennzeichnet. Die ‚wettbewerbsinitiative e.V.‘ rügt hierbei insbesondere die stetige Verschärfung der Zugangsbedingungen, sowie die kontinuierliche Verlagerung der eigentlichen Wettbewerbsaufgabe in Richtung intransparenter und manipulationsanfälliger "Vorauswahlverfahren". Die Gleichbehandlung der Teilnehmer, das Aufstellen angemessener, transparenter und nichtdiskriminierender Zugangskriterien werden durch die momentane Vergabepraxis massiv unterlaufen. Fakten:  Zirka 85% der deutschen Architekturbüros bestehen aus kleinen Bürostrukturen mit bis zu 4 Beschäftigten (inkl. Inhaber), weiter 11% aus bis zu 9 Beschäfigten und lediglich 4% aus über 10 Beschäftigten. Dennoch ist erkennbar, dass die kleinen und mittleren Bürogrößen (also ca. 96% aller Büros) an den meisten zugangsbeschränkten Verfahren inzwischen nicht mehr teilnehmen können, da die von der öffentlichen Hand gewählten Kriterien nur noch von einer Minderheit großer und etablierter Büros erfüllt werden können.Die Mehrzahl aller Bewerbungs- und Auswahlverfahren zu nicht offenen Vergabeverfahren basiert nach unseren Ergebnissen auf einer unzulässigen Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit, die durch eine systematische Ausgrenzung, gerade von Berufsanfängern und kleineren Büroorganisationen, gekennzeichnet ist. Die Vorgaben zu Eignungskriterien aus VOF und RPW werden von Seiten öffentlicher Auslober vermehrt missachtet. Politisch motivierte Absicherungen treten so vor leistungsbezogenen Wettbewerb, Chancengleichheit, Transparenz und Baukultur. Die eigentlichen Ziele der VOF werden in der Folge massiv untergraben.   Forderungen: Die ‚wettbewerbsinitiative‘ fordert Vergabeverfahren ohne Planungswettbewerb (z.B. reine Verhandlungsverfahren nach VOF) nur noch in zwingend notwendigen Ausnahmefällen zuzulassen. Die Chancengleichheit zur Teilnahme an einem Planungswettbewerb muss grundsätzlich für jeden Teilnehmer gewährt sein, der Zugang zu den Verfahren der öffentlichen Hand darf nicht durch unangemessene Eignungskriterien verwehrt werden. Nicht die Auswahlkriterien zur Teilnahme an einem Wettbewerb sondern die jeweilige Leistung innerhalb des Planungswettbewerbes muss über die Vergabe entscheiden.  1. Vergabeverfahren ohne Planungswettbewerb stellen innerhalb der Planungsdisziplinen nach HOAI dem Grunde nach kein geeignetes Mittel dar, um eine zukünftige und jeweils projektbezogene Leistungsprognose qualifiziert zu bewerten. Die ‚wettbewerbsinitiative‘ fordert öffentliche Auftraggeber daher auf, Vergabeverfahren ohne Planungswettbewerb (z.B. reine Verhandlungsverfahren nach VOF) nur noch in zwingend notwendigen Fällen zuzulassen. 2. Für alle öffentlichen Bauaufgaben, die laut HOAI in der Honorarzone I - III liegen, fordert die ‚wettbewerbsinitiative‘ generell offene Verfahren. Für den Zugang muss die Kammereintragung als Eignungsnachweis grundsätzlich genügen. Sofern die Anzahl der Bewerber die vom Auslober gewünschte Teilnehmerzahl überschreitet, ist dieAuswahl des Teilnehmerfelds durch Losentscheid zu treffen. 3. Öffentliche Bauaufgaben, die in der HOAI-Honorarzone IV und V liegen, sollen im Regelfall ebenfalls als offene Verfahren durchgeführt werden. Soweit die projektspezifische Aufgabenstellung dabei zwingend höhere Eignungskriterien als die Zulassungsurkunde erfordert, dürfen die Anforderungen zur Teilnahme nur durchprojektangemessene Eignungskriterien erhöht werden. Das "Herabsieben" des Teilnehmerfeldes durch übertriebene Eignungskriterien bis zu der vom Auslober gewünschten Teilnehmeranzahl ist unzulässig. Sofern mehr geeignete Bewerber zur Verfügung stehen als die vom Auslober beabsichtigte Zahl, ist die Auswahl der potentiellen Bewerber durch Losentscheid zu treffen. 4. Bei Bewerbungsverfahren mit erhöhten Eignungsanforderungen dürfen grundsätzlich nur Referenzen gefordert werden, die sich innerhalb der gleichen Honorarzone bewegen. Die geforderten Referenzen müssen nicht zwangsläufig realisierte Projekte darstellen. Der Nachweis der Leistungsphasen 2-5 muss ausreichend sein. DerNachweis alternativer Referenzen in dieser Honorarzone muss zulässig sein.  5. Das „Herabsieben“ des Teilnehmerkreises auf die gewünschten Teilnehmerzahlen durch eine Bewertung der „Mehr-Eignung“ (Punktevergabe-Bewertungsmatrix) widerspricht den Grundsätzen der VOF und RPW. Diese Auswahlverfahren müssen aufgrund ihrer Intransparenz und Manipulierbarkeit zukünftig ausgeschlossen werden. Die ‚wettbewerbsinitiative‘ empfiehlt die Bewertung der Eignungskriterien durch "erfüllt/ nicht erfüllt" zu ersetzen. Die diesbezüglichen Entscheidungen sind vom Auslober in jedem Einzelfall eindeutig und nachvollziehbar zu begründen. Sofern mehr geeignete Bewerber zur Verfügung stehen als die vom Auslober beabsichtigte Zahl, ist die Auswahl der potentiellen Bewerber durch Losentscheid zu treffen. 6. Die ‚wettbewerbsinitiative‘ fordert die öffentlichen Auftraggeber auf, bei allen Vergabeverfahren nach VOF unter dem Schwellenwert vermehrt direkte Zuladungen von Berufsanfängern auszusprechen. Die ‚wettbewerbsinitiative e.V.‘ wurde 2011 gegründet. Sie versteht sich als bundesweit offene Plattform um dem zunehmenden Missstand bei Planungswettbewerben organisierter entgegenzutreten. Weitere Informationen sowie die unterschiedlichen Möglichkeiten jedes Einzelnen zur Unterstützung der Initiative sind auf www.wettbewerbsinitiative.de einsehbar.
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Volker Eich und Elke Anna Mehner / 21.10.2013 / 13:04

Jein ...

Liebe BKULT-Community, wir danken Ihnen und Euch für die neuen Beiträge dieser zweiten Woche der Debatte. In der vergangenen Woche haben wir gefragt, wie wir zu gegenseitigem Verständnis und zu weiterer Erkenntnis beitragen können. Wir hoffen auch diesmal die Debatte durch weiterführende Fragen voran treiben zu können. Hier kommen unsere Fragen und wir freuen uns auf Ihre und Eure Antworten. GABOR KOVACS investiert seine Zeit lieber in vernünftige Bauverträge mit zahlenden Kunden, würde aber sofort wieder bei einem Wettbewerb mitmachen, wenn die Leistungen vergütet würden und wenn die Zulassungsmöglichkeiten anders wären. – Wenn APPLE es geschafft hat 170 Millionen begeisterte Kunden dazu zu bringen für Musik-Downloads zu bezahlen, die früher einmal kostenlos waren, wie kann man dann die Auslober von Architektenwettbewerben dafür begeistern, ihre Wertschätzung gegenüber allen Wettbewerbsteilnehmern durch ein garantiertes Honorar in angemessenener Höhe zum Ausdruck zu bringen? JOCHEN GARBE schreibt: Die Wertschätzung von Auslobern gegenüber Architekten, der HOAI – Grundleistungserbringung ohne Honorar – ist leider gering ausgeprägt. - Warum ist das so? Warum wird das Deiner Meinung nach so hingenommen? GABOR KOVACS zitiert einen Referenten der Akademie der AKNW: „Vergessen Sie Wettbewerbe, wenn Sie eine Existenz aufbauen wollen. Investieren Sie Ihre Zeit und Geld lieber in den Aufbau von Kundenkontakten.“ – Warum ist es eigentlich für so viele Architekten attraktiver an einem Wettbewerb mit ungewissem Ausgang teilzunehmen als eine eigene Community begeisterter Kunden aufzubauen? MIKE GORGES erteilt dem Wettbewerb eine klare Absage und steckt die gewonnene Zeit lieber in bezahlte und wertgeschätzte Projekte sowie in den Ausbau seines Unternehmens. - Was genau meinst Du mit Ausbau Deines Unternehmens? GABOR KOVACS kritisiert den Umgang der Stadt Essen, welche der Öffenltlichkeit die Wettbewerbsergebnisse für die Straßenbahnhaltestelle Zollverein vorenthalten hat. – Sind Architekten wirklich so abhängig von Wettbewerbsauslobern? Welche anderen Möglichkeiten haben Architekten um der Öffentlichkeit in eigener Regie die Baukunst nahe zu bringen? HANS-HEINRICH MÖLLER glaubt, dass sich in Wettbewerben die besten Entwürfe durchsetzen und so die Qualität unserer gebauten Umwelt bereichern. – Bereichert es auch unsere Baukultur, wenn sich einige wenige Gewinner auf Kosten vieler Verlierer durchsetzen? BRITTA JÜRGENS sagt, Architektur ist Kunst. In der Kunst kann es keinen Wettbewerb geben. Kunst verschliesst sich zu Recht jeglichen rationalen Bewertungskriterien. Es ist daher unmöglich, innerhalb eines Wettbewerbsverfahrens das 'beste Ergebnis' zu ermitteln. Wir brauchen keine Jury, die unsere Arbeit freigibt. - Da eine Jury für einen Architekten kein Geschäftspartner ist, stellt sich folgende Frage: Wen brauchen Architekten stattdessen als Gegenüber? STEFAN FORSTER hasst Wettbewerbe, sieht sich aber zur Auftragsbeschaffung dazu gezwungen, daran teilzunehmen.  – Hat nicht gerade ein Architekturbüro wie Stefan Forster Architekten aufgrund seiner Postionierung sehr viel elegantere Möglichkeiten der Auftragsbeschaffung? Was kann man tun um aus einer guten Positionierung eine konkurrenzlose Positionierung zu machen? ANSGAR und BENEDIKT SCHULZ sind überzeugt, dass nur durch die Konkurrenz der Ideen - anstelle einer Konkurrenz der Architekten- herausragende Lösungen gefunden und umgesetzt werden können. - Wie lassen sich Konkurrenz der Ideen und Konkurrenz der Architekten trennen? Welche Beziehungskultur steht hinter dem Konkurrenzgedanken? Wie können aus Ideen herausragende Lösungen werden, wenn die Idee (die Saat) auf einen Boden ohne Nahrung (Beziehung) fällt? ANTJE OSTERWOLD plädiert für den Wettbewerb nicht zuletzt wegen einer fachlich fundierten, finalen Wertung im Sinne der besten architektonischen Qualiät. – Warum ist in einem gesättigten Markt Ihrer Meinung nach „architektonische Qualiät“ ein Verkaufsargument? DIANA WIEDEMANN ist gegen Wettbewerbe wie sie zurzeit durchgeführt werden, jedoch für einen Ansporn, über das Gewohnte, Vorhandene hinauszuwachsen und das Herausragende zu schaffen – vielleicht in Form von Ideenwettbewerben, die das kreative Potential erkennen lassen, aber die wirtschaftlichen Ressourcen schonen und Architekten vor allem die Möglichkeit bieten, daran teilzunehmen. - Ist die Suche nach der besten Lösung bei vermindertem Aufwand nicht in Wirklichkeit eine verkappte Suche nach der preiswertesten Lösung? Schliessen sich diese beiden Motivationen nicht von vorneherein gegenseitig aus? Wie kann man den kreativen Wettbewerb vom wirtschaftlichen Wettbewerb trennen? MICHAEL WILKENS schlägt vor „den besten Entwurf“ in einem sehr viel demokratischeren Prozess zu finden, der die interessierte Öffentlichkeit mit einbezieht und ihr auf diese Weise ein fundiertes Verständnis von Architektur nahebringt. – Dieses Verfahren dient zweifellos der Baukultur, aber ist es auch eine angemessene Antwort auf das Problem der Marktsättigung, mit dem Architekten heute konfrontiert sind? XAVER EGGER antwortet: „Nein, kein Rauschgift. Eher der Kater, der kalte Entzug oder wie auch immer.“ Das Problem sei auch im Wettbewerbswesen eine Übersättigung des Marktes und eine oft fehlende, klare Profilierung und Positionierung der Architekten. Er beklagt weiterhin mangelnde Unterscheidbarkeit und das Fehlen von Alleinstellungsmerkmalen. - Welche Arten von Positionierung würden Ihrer Meinung nach helfen? Volker Eich und Elke Anna Mehner sind die Gast-Kuratoren dieser Debatte. Sie haben beide jeweils 15 Jahre als Architekten gearbeitet und sind Inhaber des Beratungsunternehmens STRATEGIEKREIS ARCHITEKTEN BUSINESS DESIGN.Volker Eich hat 2013 DAS STRATEGIEBUCH FÜR ARCHITEKTEN publiziert.
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Xaver Egger / 20.10.2013 / 13:05

SEHW Architektur Berlin und Hochschule Bochum

Nein ...

Ein sehr schönes und emotionales bzw. emotionsgeladenes Thema für den Blog, lässt sich doch trefflich darüber streiten. Also gestern im Büro in der Küche: Von Rausch war da nicht die Rede, stattdessen fielen Stichworte wie Selbstausbeutung, volkswirtschaftlicher Wahnsinn, ungeeignet als Akquiseform, eitle Nabelschau, usw. Alles richtig. Und alles auch falsch. Also Nein, kein Rauschgift. Oder, um bei dem Bild zu bleiben, eher der Kater, der kalte Entzug oder wie auch immer. Zwei Beispiele aus der Praxis: Bisher haben wir uns in 2013 an mehr als zehn Wettbewerbsverfahren beteiligt, die ausnahmslos entweder beschränkte Verfahren waren oder Einladungsverfahren. Und ein Einladungswettbewerb ist noch keine Garantie, ihn zu gewinnen. Wir haben es schon geschafft, bei vier Teilnehmern Vierter zu werden und andererseits Wettbewerbe gewonnen, an denen sich dreißig renommierte Architekturbüros beteiligt haben. Die Ausbeute bisher dieses Jahr: Fünf zweite Plätze, ein dritter Platz, ein Sonderpreis und einmal sind wir in die engere Wahl gekommen. Erfolgreich? Berauschend? Das überlasse ich dem Leser. Anderes Beispiel: Seit etwa zehn Jahren sind wir mit einer Niederlassung in Wien präsent. Wir hatten in Österreich bereits Projekte für einen privaten Entwickler realisiert und beteiligten uns fortan auch an Wettbewerben. Gleich den ersten Wettbewerb für ein Gebäude im Gesundheitswesen haben wir gewonnen und waren auch in Folge sehr erfolgreich. Anfang der Nullerjahre war der deutsche Markt schon ein „closed job“, hauptsächlich mit VOF-Vergabeverfahren und mediokren Ergebnissen. Österreich hingegen war ein offener, quirliger Markt, mit insgesamt hoher architektonischer Qualität. An offenen Wettbewerben beteiligten sich oft weniger Büros, als in Deutschland bei beschränkten Verfahren. Die Folge: Immer mehr deutsche Büros entdeckten Österreich als Ziel,um neue Aufträge an Land zu ziehen. Nun ist unser Nachbarland ja eher ein kleines Land. Suchen Sie heute mal auf einer der Onlineplattformen nach Wettbewerben in Österreich. Sie werden feststellen, dass der Markt heute gesättigt ist und es kaum noch Verfahren gibt, unabhängig davon, ob offen, beschränkt oder eingeladen. Und die österreichischen Architekten? Die bauen heute, Ironie des Schicksals, oft in Deutschland, so, wie zum Beispiel Delugan Meissl mit dem Porsche Museum in Stuttgart, love architecture mit dem Headquarter für 50Hz in Berlin oder jüngst Alles wird Gut mit der Zentrale der WAZ in Essen. Erfolgreich? Berauschend? Das Problem ist in beiden Fällen eine Übersättigung des Marktes und eine oft fehlende, klare Profilierung und Positionierung der Architekten, das Fehlen einer Unterscheidbarkeit, eines Alleinstellungsmerkmals, eines USP im Immobiliensprech. Dennoch ist es so, dass ein großer Teil der Projekte, die in einem Büro verwirklicht werden, Ergebnis gewonnener Wettbewerbe sind. Der andere Teil sind selbst initiierte Projekte. Durch die präzise Beobachtung gesellschaftlicher Tendenzen und Entwicklungen werden Märkte identifiziert, die teilweise noch unbesetzt sind, und für diese Märkte werden architektonische Projekte entwickelt. Das Schaffen von Baukultur ist in beiden Fällen der Motor, der Antrieb. Das eine oder andere ist dabei als Königsdisziplin nicht so klar auszumachen. Die Teilnahme an Wettbewerben ist Fingerübung für die Entwerfer des Büros, in kurzer Zeit ein plakatives architektonisches Statement zu einer planerischen Frage abzugeben. Und auch der zweitplatzierte Wettbewerbsbeitrag, im Grunde erster Verlierer, wird dennoch vom Markt, von Fachmedien und von potentiellen Kunden wahrgenommen. Also probates Mittel für Akquise, für Öffentlichkeitsarbeit, salopp gesagt für Ablenkung vom Alltagsgeschäft und vieles mehr, Rauschgift ist es aber nicht. Gute Architektur sollte immer auch Rausch sein, unabhängig vom Entstehungsprozess und ohne Mittelchen. Xaver Egger, geb.1965, hat nach einer Ausbildung zum Tischler an der Fachhochschule München Architektur sowie an der Kunstakademie Düsseldorf ein Jahr Plastisches Gestalten studiert. Seit dem Diplom 1992 ist er selbständig und hat 1996 das Architekturbüro SEHW mitgegründet. Neben seiner Tätigkeit im Büro und seiner Professur an der Hochschule Bochum ist er u. a. Referent im Weiterbildungsprogramm der Architekten- und Ingenieurkammer. 
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Michael Wilkens (Baufrösche) / 19.10.2013 / 12:34

Architekt, Kassel

Nein ...

Als es noch große, bundesweit ausgeschriebene Wettbe- werbe gab, war das zwar für die Teilnehmer eine Möglich- keit, auch als unbekanntes, junges Büro an große Aufgaben zu kommen. Auch die Öffentlichkeit bekam davon etwas mit. Bekannte Architekten ,oft auch von außerhalb, entschieden nach mehreren Rundgängen schließlich, welche Arbeiten preiswürdig waren und wer den 1. Preis haben sollte. Nur: die Öffentlichkeit verstand diese Richtersprüche meist nicht. Sie kam zu einer Entscheidung wie die Jungfrau zum Kind.Das war damals unsere, Dischkoffs und meine Kritik. Wir wollten, dass die betroffene Öffentlichkeit diese Entscheidungen mit vollzieht. Und das Verfahren, das wir dazu 1976 entwickelten, wurde zweimal sehr erfolgreich getestet. Doch die Architektenkammer gab dafür mit der Be- gründung, die künstlerische Handschrift würde darin zu wenig berücksichtigt, keine Zulassung. Mit andern Worten: die Architektenkammer wünschte Wettbewerbe als baukulturelles Rauschgift.Inzwischen verkam das Wettbewerbswesen zu einem beschränkten Konkurrenzverfahren nach VOF, wo ein oder zwei Fachpreisrichter neben den Vertretern der Bauherrenschaft, gut abgeschirmt von störender Öffentlichkeit, den gewünschten Preisen ihren baukulturellen Segen geben. Die dabei entstehenden star-sinnigen Werbe-Solitäre sind überall sichtbar. Unser Wettbewerbsmodell von damals könnte heute ein Wiederbelebungsversuch sein: nämlich ein Mittel, die betroffene Öffentlichkeit von Anfang an mit einzubeziehen.Die Idee ist ganz einfach: Bevor man einen Wettbewerb um „den besten Entwurf“ veranstaltet, sollte man zuerst einen machen, mit dem man die Möglichkeiten erkundet, die man überhaupt hat. Deshalb war unser Verfahren zweistufig. Die erste Stufe diente der Erkundungdes „Möglichkeitsraums“, die zweite dann der Ermittlung des besten Entwurfs der zuvor entschiedenen besten Alternative. Auf der ersten Stufe mussten von den mindestens 150 Teilnehmern auf nur zwei DIN A3-Blättern Konzepte mit den Elementen einer vorgegebenen Legende gezeichnet werden. Die dargestellten Konzepte wurden dann mit einem genauen Leseverfahren nach Ähnlichkeit sortiert. Dazu wurden den über 150 Konzept-Entwürfen von den Vorpüfern Eigenschaften aus zuvor ermittelten Eigenschaftsreihen zugeordnet, sodass jeder einzelne Entwurf in einem vieldimensionalen Möglichkeitsraum verortet werden konnte. Und dabei entstanden dann die Häufungen, die „Wolken“ von Alternativen und nicht, wie zuweilen üblich, die von vier oder fünf beauftragten Büros erarbeiteten Entwürfe. Erst jetzt konnte man lernen, welche typischen Lösungsmöglichkeiten die Aufgabe enthielt.Und: man konnte jetzt lernen, dass man nicht alle Vorteile ohne die mit ihnen verbundenen Nachteile zugleich haben kann. Wir haben das damals immer mit der Wahl eines Autotyps verglichen: Man kann nicht „schnell“ und „wendig“ mit „weich gefedert“ und „großräumig“ zusammen haben. Was will man? Sportwagen oder Familienkutsche? Das sollte man zuerst entscheiden. Und das ist – im übertragenen Sinne, die „politische“ Entscheidung, um die es hier in der ersten Stufe geht.Die Alternativen wurden dann von uns idealtypisch ge- zeichnet und auf Flugbättern und Plakaten unter die Leute gebracht, verbunden mit der Ankündigung einer Bürgerversammlung zum Thema. Und diese gut besuchte Versammlung war der Beweis dafür, dass man das Problem unter die Leute bringen kann. Es wurde lebhaft und sachkundig diskutiert. Nachdem die Gemeinde sich dann für eine Alternative entschieden hatte, wurde in der 2. Stufe ein Wettbewerb „um den besten Entwurf“ der gewünschten Alternative ausgeschrieben.Die in der 1. Stufe ermittelten Alternativen waren das Ergebnis der Problemlösungsarbeit von über 150 Büros. Das Ergebnis dieser enormen Denkarbeit, auch der nicht prämierten, war nicht, wie sonst bei Wettbewerben üblich, „für die Tonne“, sondern wertvolle Erforschung des „Möglichkeitsraums“. Erst diese Arbeit und die so erbrachte repräsentative Entwurfsverteilung brachte Klarheit darüber, welche Möglichkeiten man wirklich hatte. Michael Wilkens, geb. 1935, studierte nach eineinhalb Wanderjahren durch Asien Architektur an der TH Karlsruhe und an der TU Berlin, war von 1961-69 Mitarbeiter von Prof. Paul Baumgarten und diplomierte 1966 bei O. M. Ungers. Setzte sich 1970 und dann 1979 mit Nicola Dischkoff für eine Reform des Wettbewerbswesens ein: „DIN-A3-Wettbewerbe nach „Dietzenbacher Modell“. Wilkens wurde 1974 an die Gesamthochschule Kassel berufen und gründete dort 1978 die Arbeitsgruppe „Stadt/Bau für kostengünstigen Wohnungsbau“, die sich bei ihrem Beitrag für die documenta urbana in Kassel 1981 in „Baufrösche“ umbenannte und seither zahlreiche Wohnprojekte, Schulen und Kindergärten verwirklicht hat. Seit 1989 Kooperation mit der Uni in StaClara/Kuba. Buchveröffentlichungen: „Architektur als Komposition“, Birkhäuser 2000. „Am schönsten sind nach alledem die Entwürfe des Esels.“ Aufsätze und Reden zu Architektur und Städtebau 1973-2003, 2004.
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Diana Wiedemann / 18.10.2013 / 11:26

Architektin & Innenarchitektin, Freiburg

Jein ...

Ich bin mit der Fragestellung nicht sehr glücklich, weil ich mir bei der Verknüpfung der Begriffe Wettbewerb und Baukultur sofort die Frage stelle, inwieweit denn der Wettbewerb für die Baukultur überhaupt relevant ist. Bei dem Wort Rauschgift wird es auch schwierig: „Gift“ kommt vom Althochdeutschen und bedeutet „Gabe“. Damit ist ein Rauschgift ganz einfach eine Gabe, die einen Rausch verursacht.Die Gabe kann sicherlich verstanden werden als das kreative Potential, das unseren Berufsstand auszeichnet. Dieses kreative Potential beflügelt uns, versetzt uns in Rauschzustände und lässt uns über das Alltägliche hinauswachsen. Rauschgift kann aber auch sein: ein Rausch, der eine giftige Wirkung hat. Beim Wettbewerb trifft es sicherlich zu, dass der Rausch auch giftig wird.Einerseits führt der Wettbewerb dazu, dass ein Ansporn geschaffen wird, die eigene Gabe zu nutzen, um etwas Besonderes, etwas Herausragendes, etwas Außergewöhnliches zu schaffen.Andererseits: Tausende von Stunden werden eingesetzt für eine Aufgabe, bei der nur einer gewinnen kann – gerade noch die vorderen Plätze bringen wenigstens etwas Renommee. Betrachtet man die Zahlen: im Jahr 2012 gab es laut ‚Competition online‘ 3.564 Wettbewerbe. Dagegen steht die Zahl von 108.000 Architektur- / Ingenieurbüros in Deutschland.Für die Arbeit an der „Königsdisziplin Wettbewerb“ wird in den berufsständischen Vertretungen, den Kammern und den Verbänden viel Geld, Knowhow und ehrenamtliches Engagement investiert, um an der Entwicklung von Wettbewerbsregelungen und für mehr Wettbewerbe zu arbeiten. Doch für wen sind denn die Wettbewerbe? Die Chancen, über Wettbewerbe Aufträge zu generieren, stehen angesichts der Zahlen schlecht. Dazu kommen die Veränderungen im Wettbewerbswesen - von freien bis hin zu eingeladenen Wettbewerben oder zu Mehrfachbeauftragungen - bei denen die Teilnahmebedingungen so formuliert werden, dass sich nur die Büros bewerben können, die man sowieso angesprochen hätte. So kommen alle Bestrebungen nur den wenigen, weltweit oder überregional agierenden Büros zugute, die die Anforderungen erfüllen können – und überhaupt keine Unterstützung brauchen. So ist mein Plädoyer gegen die Wettbewerbe, wie sie zurzeit durchgeführt werden, jedoch für einen Ansporn, über das Gewohnte, Vorhandene hinauszuwachsen und das Herausragende zu schaffen – vielleicht in Form von Ideenwettbewerben, die das kreative Potential erkennen lassen, aber die wirtschaftlichen Ressourcen schonen und Architekten vor allem die Möglichkeit bieten, daran teilzunehmen.  Diana Wiedemann ist Architektin und Innenarchitektin mit einem Büro in Freiburg, das spezialisiert ist auf den Bereich Bauen im Bestand. Sie ist Mitglied im Landesvorstand der Architektenkammer Baden-Württemberg. 
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Antje Osterwold / 17.10.2013 / 11:26

Architektin, Weimar

Nein ...

Wettbewerbe sollte es immer geben! In gewisser Weise sind sie eine Fortschreibung der konzentrierten und glasklaren Arbeitsweise im Studium: Es gibt eine durchdachte, exakt formulierte Aufgabe mit einem entsprechenden Anforderungsprofil, die Lösung darzustellen – für alle Mitstreiter gleich undmit einer fachlich fundierten, finalen Wertung im Sinne der besten architektonischen Qualität.Hat man nun Gefallen gefunden, zum Beispiel:- an dem „sportlichen Faktor“, seine persönliche „Kapazität“ zu prüfen, seine Idee messen zu lassen,- an dem gewissen Trainingseffekt im typologischen Denken, raschen Wechsel von Raumprogramm, Umgebung, Maßstab, regionaler, topografischer u.a. Einflussfaktoren,- und sich auch recht objektiv, neutral und  qualifiziert bewerten zu lassen,...dann wählt man freiwillig und ohne Zwang den Weg der Wettbewerbe  – wohlweislich, dass es gute, besonders gute und sehr  gute Kollegen gibt, aber eben  auch die beste Lösung. Sofern aber das Talent in der verbalen Überzeugungskraft, im persönlichen Auftreten oder der Detaillösung undAnalyse seinen Schwerpunkt hat, werden vermutlich andere Wege der Auftragsgewinnung gewählt. Ein gewonnener Wettbewerb jedenfalls fördert als Ergebnis das optimale, bauliche Ziel , welches auch von „Extern“ als  am besten befunden wurde  und ausformuliert in Zeichnung, Modell und Berechnung vorliegt. Dieses dient dann auch mitunter als langfristige Motivation, manchmal sogar als „Durchhalteparole“ für  den Auslober und Bauherrn, was letztendlich  mehr ist, als ein Meilenstein auf dem Weg zur gebauten Realität. Antje Osterwold studierte Architektur in Weimar und Paris. Gemeinsam mit Matthias Schmidt führt sie das Büro Osterwold°Schmidt EXP!ANDER ARCHITEKTEN BDA in Weimar. Darüber hinaus arbeitet sie regelmäßig in Jurys, in zwei Gestaltungsbeiräten und im Bundespräsidium des BDA.
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Ansgar und Benedikt Schulz / 16.10.2013 / 8:18

Architekten, Leipzig

Nein ...

Aus unserer Sicht sind Wettbewerbe der Königsweg, um die beste Lösung für eine Bauaufgabe zu erhalten. Nur durch die Konkurrenz der Ideen anstelle einer Konkurrenz der Architekten können herausragende Lösungen gefunden und umgesetzt werden. Das Gejammer uber den volkswirtschaftlichen Wahnsinn und die Marktubersättigung finden wir unangebracht, schließlich werden Olympiasiegern auch nicht die tausenden Sportler vorgehalten, die im Wettkampf um Höchstleistungen zurückbleiben und letztlich keine Medaillen bzw. Anerkennung erhalten. In der Konsequenz ist die Teilnahme an Wettbewerben die freie Entscheidung der Architekten, sich unter transparenten Bedingungen und im Sinne der Aufgabe wissentlich der Konkurrenz zu stellen. Ansgar Schulz, geboren 1966 in Witten/Ruhr, studierte Architektur an der RWTH Aachen und der ETSA de Madrid. Sein Bruder Benedikt Schulz, geboren 1968 in Witten/Ruhr, studierte Architektur an der RWTH Aachen und der UC de Asunción/Paraguay. 1992 gründeten sie das Büro schulz & schulz mit Sitz in Leipzig. Seit 2010 leiten sie als Vertretungsprofessoren den Lehrstuhl Baukonstruktion an der Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen der TU Dortmund. Seit der Bürogründung 1992 erhielten Ansgar und Benedikt Schulz über 100 Prämierungen bei Wettbewerben und Architekturpreisen. Beide Brüder sind regelmäßig Jurymitglieder bei Architektenwettbewerben, Planungsgutachten und Architekturpreisen.
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Stefan Forster / 15.10.2013 / 10:06

Architekt, Frankfurt

Ja ...

Bei jeder Gelegenheit fordern unsere Kammern und Verbände Wettbewerbe zur Vergabe von Bauaufträgen, mit dem Argument, ein Wettbewerb würde am Ende höchste Architekturqualität sicherstellen. Neben der Tatsache, dass die Vertreter unseres  Berufsstandes unentgeltliches Arbeiten der Mitglieder propagieren – was sicher einmalig ist –, ist der Wettbewerb kein Garant für spätere Architekturqualität. Wettbewerbe dienen dem Auftraggeber zunächst dazu, das Projekt abzusichern. Das Ergebnis stellt einen politischen Konsens dar, da alle notwendigen Entscheidungsträger im Preisgericht mit einbezogen sind. Die zügige Bearbeitung in den Ämtern und die Genehmigungsfähigkeit ist somit sichergestellt. Aus diesem Zusammenhang heraus macht es für einen Auftraggeber Sinn, einen Wettbewerb auszuschreiben. Architekturqualität spielt hier eine untergeordnete Rolle.Wie sieht nun die Praxis aus ? Oft sind Wettbewerbe miserabel vorbereitet, die Ausschreibungen  unklar formuliert und widersprechen sich sogar in vielen Punkten oder sind zu offen. Zudem werden die Anforderungen  immer weiter nach oben geschraubt. Viele der zu erbringenden Leistungen sind für die Entscheidungsfindung unwichtig. Das Preisgericht ist oft unqualifiziert und mit sogenannten Berufspreisrichtern, meist Professoren ohne praktische Erfahrung, besetzt. Aufgrund ihrer finanziellen Absicherung durch ihren Beamtenstatus sehen sie den Wettbewerb, wie merkwürdigerweise viele Kollegen, eher als sportliches Ereignis. Die Liste der Unzulänglichkeiten lässt sich noch beliebig weiterführen. Das Ergebnis ist in der Regel ein fauler Kompromiss. Doch gute Architektur ist nie ein Kompromiss. So steht man manchmal völlig fassungslos vor den Ergebnissen. Besonders ärgerlich ist es, wenn man feststellt, dass die prämierte Arbeit z.B. Forderungen der Auslobung nicht erfüllt oder einfach nicht realisierbar ist. Was ist nun das Fazit ?Ich hasse Wettbewerbe. Ich hasse diese sinnlose Verschwendung von Kraft, Zeit, Geld und Energie. Ich bin zur Auftragsbeschaffung aber gezwungen, daran teilzunehmen.Circa 50% unserer Aufträge entstehen durch Wettbewerbe. Im Jahr nehmen wir also an  15-20 Verfahren teil. Mittlerweile behandeln wir das wie Lotteriespielen, sonst würden wir das emotional nicht verkraften: So wie man Freitags seinen Lottoschein abgibt, so senden wir unsere Wettbewerbsbeiträge ein. Die Termine der Preisgerichtssitzungen werden nicht im Kalender notiert um unnötige Aufregung zu vermeiden.Was muss sich also ändern ? Angemessene Bezahlung für alle Teilnehmer (ab 10.000 € aufwärts proTeilnehmer)Rigorose Reduktion des Leistungsbildes, Konzentration auf konzeptionelle AussagenAbschaffung der „Berufspreisrichter“Weniger Teilnehmer – der Aufgabenstellung angemessenAbschaffung von Ideenwettbewerben : Was ist von einem Berufsstand zu halten, der kostenlos und ohne in Aussicht stehenden Auftrag sein Wissen weitergibt ? Zum Schluss: Gute Architektur entsteht nur aus dem kongenialen Zusammenspiel zwischen Bauherr und Architekt, nicht durch Wettbewerbe. Stefan Forster, geb. 1958, studierte an der TU Berlin Architektur und arbeitete anschließend im Büro Langhof (Berlin) und im Büro Kuhler (Mannheim). 1988 bis 1993 war er Assistent am Lehrstuhl für Wohnungsbau an der TU Darmstadt. 1989 gründete er sein Architekturbüro Stefan Forster Architekten. 
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Volker Eich und Elke Anna Mehner / 14.10.2013 / 16:45

Strategiekreis Architekten Business Design

Jein ...

Ist der Wettbewerb das Rauschgift der Baukultur? Am Ende der ersten Woche wollen wir mal eine erste Zwischenbilanz versuchen. Fünfzehn Beiträge wurden bisher gepostet. Sieben bejahen unsere Frage, sieben verneinen sie, einer bleibt unentschieden. Wir haben diese Debatte nicht angestoßen, weil wir per se für oder gegen Wettbewerbe wären. Uns interessiert vielmehr die Beziehung zwischen dem Architektenwettbewerb auf der einen Seite und dem wirtschaftlichen Kontext, in dem er stattfindet auf der anderen Seite. Als die Nachfrage nach Architektenleistungen noch größer als das Angebot war, konnte sich jeder den Luxus leisten an Wettbewerben teilzunehmen, weil ja im Prinzip genug für alle da war. Heute ist das nicht mehr so. Das Angebot an Architektenleistungen ist größer als die Nachfrage. Welche Auswirkungen haben also die Veränderungen des Marktes auf das Wettbewerbswesen? Die Teilnehmer unserer Debatte bilden offensichtlich zwei homogene Lager. Auf der einen Seite gibt es die Bewahrer, auf der anderen Seite gibt es die Veränderer. Das Wettbewerbswesen funktioniere gut, sagt Nicolai Blank, Chefredakteur der Zeitschrift Competition, denn es garantiere seit 150 Jahren jungen Nachwuchstalenten den Sprung in die Selbständigkeit, Marktsättigung hin oder her. Der Wettbewerb sei vor allem ein Garant für architektonische Qualität, so argumentieren unisono die Bewahrer und er sei sogar das einzige Vergabeverfahren, bei dem die architektonische Qualität im Vordergrund der Vergabeentscheidung stehe, sagt Achim Nelke. Es könne im übrigen für jeden Bauauftrag immer nur einen Auftragnehmer geben. Diese Meinung vertritt Johannes Stumpf, stellvertretender Vorsitzender des Landeswettbewerbsausschusses der Architektenkammer Berlin und dass dieser auf Kosten vieler Verlierer gekürt werde ... geschenkt! Die Veränderer stellen im Prinzip das ganze System in Frage, denn die Zugangsbedingungen seien für kleinere und jüngere Büros nicht hinnehmbar. Britta Jürgens konstatiert, dass Architektur Kunst sei und dass es deshalb unmöglich sei, das beste Ergebnis zu ermitteln. Einig sind sich die meisten der Veränderer auch in ihrer Forderung nach einer angemessenen Bezahlung für alle Wettbewerbsteilnehmer. Gabor Kovacs regt an, dass deutsche Architekten dem Vorbild ihrer österreichischen Kollegen folgen und sich in gemeinsamen Aktionen gegenüber diskriminierenden Wettbewerbsbedingungen zur Wehr setzen. Für Mike Gorges ist der Wettbewerb gar keine Option. Er konzentriert sich auf bezahlte Arbeit und auf den Aufbau seines Unternehmens. Die Fronten scheinen ein wenig verhärtet zu sein. Während die Bewahrer mit dem aktuellen Wettbewerbssystem sehr zufrieden zu sein scheinen, lehnen es die Veränderer kategorisch ab. Das mag sicher auch zum Teil am Format unserer Debatte liegen, denn es liegt in der Natur einer Ja-Nein-Frage, dass sie polarisiert. Wie können wir also zum gegenseitigen Verstehen beitragen? Wenn Sie sich in den kommenden Wochen an dieser Debatte beteiligen wollen, möchten wir Ihnen ein paar Fragen mit auf den Weg geben, von denen wir hoffen, dass sie zum gegenseitigen Verständnis beitragen und zu weiterer Erkenntnis führen. Existiert das Wettbewerbswesen tatsächlich losgelöst von seinem wirtschaftlichen Kontext? Kann es sein, dass „ein gutes System“ in einem veränderten Kontext unbrauchbar wird? Wie kann man einem Auslober plausibel machen, dass er den für ihn passenden Architekten viel leichter findet, wenn er allen Teilnehmern eine angemessene Bezahlung garantiert? Wie kann man Kollegen und Kolleginnen dazu veranlassen, ihre Einflussmöglichkeiten zu erkennen, die sie haben um, das System zu verändern? Welche anderen Strategien gibt es neben dem Wettbewerb, die eine erfolgreiche Kundengewinnung mit einer hohen architektonischen Qualität verbinden? Was hindert Architekten daran, aus einem dysfunktionalen Wettbewerbssystem auszusteigen, das vielen von ihnen einen Schaden zufügt? Wir danken allen Teilnehmern dieser Debatte für ihre engagierten Beiträge und freuen uns auf die Posts und Kommentare der kommenden Wochen. Sehr lesenswert sind übrigens auch die Kommentare auf https://www.facebook.com/bkult.de?ref=hl Volker Eich und Elke Anna Mehner sind die Gast-Kuratoren dieser Debatte. Sie haben beide jeweils 15 Jahre als Architekten gearbeitet und sind Inhaber des Beratungsunternehmens STRATEGIEKREIS ARCHITEKTEN BUSINESS DESIGN. Volker Eich hat 2013 DAS STRATEGIEBUCH FÜR ARCHITEKTEN publiziert.
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Britta Jürgens / 13.10.2013 / 15:57

Architektin, Berlin

Ja ...

Das war auf jeden Fall mein deutlicher Eindruck, als ich vor nun ca. 30 Jahren das erste mal in einem renommierten Berliner Büro die Tage und Nächte durchzeichnen und - kratzen durfte. Heute ist diese Fragestellung, was in meinen Augen schon immer die Antwort war.  Dieses höchst unökonomische Verfahren, um an Bauaufträge zu kommen, hat mich von der ersten Erfahrung an zutiefst abgestossen. Der rauschhafte Wahn der Selbstausbeutung und Selbstzerstörung, der volkswirtschaftliche Wahnsinn, der sich hinter diesem System verbirgt, widerspricht jeglicher Logik und jeglichem gesunden Menschenverstand.  Architektur ist Kunst. In der Kunst kann es keinen Wettbewerb geben. Kunst verschliesst sich zu Recht jeglichen rationalen Bewertungskriterien. Es ist daher unmöglich, innerhalb eines Wettbewerbsverfahrens das 'beste Ergebnis' zu ermitteln. Daher sollte man es auch nicht versuchen.  Die Architekten stossen an die Grenzen der Selbstausbeutung. Der wirtschaftliche Druck führt zunehmend zu kooperativem Verhalten. Endlich! Die Gesellschaft würde von den herausragenden Fähigkeiten aller Architekten profitieren, wenn die gebündelte Arbeitskraft nicht länger in Papierkörben, Schubladen und Publikationen enden, sondern endlich in vielen verschiedenen gebauten Werken. Wir brauchen keine Jury, die unsere Arbeit freigibt. Britta Jürgens ist seit 21 Jahren mit Matthew Griffin, zusammen als 'Deadline', im Einsatz auf dem weiten Feld der Architektur.www.deadline.de 
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Nicolai Blank / 13.10.2013 / 11:13

Redakteur & Magazinentwickler, Berlin

Ja ...

… und wir sind seine Dealer.Wettbewerbe sind der Stoff, aus dem die Träume sind. Und ja, Rauschmittel können auch ruinieren. Ich plädiere für den kontrollierten Rausch. Baukultur braucht das Rauschmittel Wettbewerb, aber es ist zu kostbar und zu gefährlich, um es sich reinzuwerfen, ohne den Beipackzettel zu lesen. Zwei persönliche Erfahrungen, wie der Trip ohne Katerstimmung gelingen kann: 1.    Es gibt nicht viele Gelegenheiten, an Wettbewerben teilzunehmen, bei denen man auch tatsächlich eine Chance hat. Ich bin als Magazinentwickler nie auch nur auf die Idee gekommen, an einem nicht-offenen Wettbewerb teilzunehmen, dessen Auftraggeber ich nicht vorher auf einer Messe, einer Veranstaltung oder mittels eines Telefonanrufs persönlich kennengelernt hätte. Das betriebswirtschaftliche Risiko, dass er oder sie die Stärken und die Leistungsfähigkeit meines Teams – unabhängig vom ausgeschriebenen Auftrag – nicht kennt, wäre einfach zu groß gewesen.2.    Man muss das Maximale aus jeder Chance herausholen. Immer wieder höre ich von Wettbewerbsbetreuern, wie nachlässig viele Bewerber mit ihren Einreichungen umgehen. Da werden Formate nicht beachtet, die Anforderungen nicht genau gelesen oder die falschen Referenzprojekte eingereicht. Würden Sie einem Büro Millionenbeträge anvertrauen, das keine saubere, vollständige Mappe zusammenstellen kann, die exakt auf Ihre Anforderungen antwortet? Der These, dass das Wettbewerbswesen ein Strukturproblem des Berufstandes fortschreibe und die Marktsättigung abbilde, kann ich nicht folgen. Geregelte Wettbewerbe mit vielen Teilnehmern gibt es seit zirka 150 Jahren, Marktlage hin oder her. Ich finde, dass das Wettbewerbswesen funktioniert. Darauf verweisen die Marktzahlen und Untersuchungen, die die "competition", der Beipackzettel zum Wettbewerbswesen, regelmäßig veröffentlicht. Immer wieder gelingt Newcomern dank Wettbewerben der Sprung in die Selbständigkeit (siehe "competition" 4). Die einzigen existierenden relevanten Marktzahlen zum Thema Zugangshürden von competitionline.com zeigen, dass die Zugangsmöglichkeiten zu öffentlichen Ausschreibungen relativ ausgewogen sind, auch für kleine und junge Büros (siehe "competition" 2). Es existieren keine quantitativen Auswertungen, die einen Anstieg der Teilnehmerzahlen bei offenen Wettbewerben belegen. Unsere Recherchen im Rahmen der Ausgabe 4 von "competition" kommen in dieser Frage zu widersprüchlichen Ergebnissen. Und dass die Anzahl der erstplatzierten Preisträger, die im Verhandlungsverfahren nicht den Zuschlag bekommen, weitaus geringer ist als gemeinhin angenommen, kann man ab dem 3. Dezember in "competition"6 nachlesen.  Nicolai Blank, 41, ist Chefredakteur von competition, dem Magazin für Architekten, Ingenieure und Bauherren. Als Magazinentwickler für Verlage und Agenturen hat er den Wettbewerb hassen und lieben gelernt. Mit "competition" dealt er seit 2012 für den competitionline Verlag quartalsweise mit Wettbewerben und Ergebnissen, Neuigkeiten aus dem Vergaberecht, und strategischen Blitzgedanken für Architekten, Ingenieure und Bauherren, warnt vor Risiken und Nebenwirkungen und gibt Hinweise für die richtige Anwendung und Dosierung. 
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Achim Nelke / 12.10.2013 / 8:41

Architekt, Berlin

Nein ...

Der Architekturwettbewerb ist wesentlich älter als die aktuellen Probleme der Architekten in Deutschland. So wurde beispielsweise bereits 1518 ein Wettbewerb für den Bau der Florentiner Nationalkirche in Rom durchgeführt. Der Wettbewerb stellt letztlich das einzige etablierte Verfahren dar, bei dem im Idealfall immer die architektonische Qualität im Vordergrund der Vergabeentscheidung steht. Deswegen ist er nicht das Rauschgift der Baukultur, sondern eines ihrer Grundnahrungsmittel.Im "Wie" der Durchführung eines Wettbewerbs liegen mit Sicherheit Verbesserungspotentiale (z. B. durch Zweistufigkeit mit einem geringem Leistungsumfang für die offene erste Phase und einer Aufwandsentschädigung für alle Teilnehmer der zweiten Phase), nicht aber in der Frage des "Ob". Dipl.-Ing. Achim Nelke ist Stadtplaner und Inhaber von studio nelke. Studium an der TU Berlin, Praxis in Büros in Bayern, Berlin und Schleswig-Holstein. Mitglied der Interessenvertretung "Architekten für Architekten" und seit 2013 Mitglied im Eintragungsausschuss der Architektenkammer Berlin. 
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Hans-Heinrich Möller / 12.10.2013 / 8:39

Architekt, Bielefeld

Jein ...

Hinter der Frage stecken zwei Aspekte. Der eine beschäftigt sich mit dem Ergebnis und  seiner Bedeutung für die Baukultur, der andere beschreibt den Prozess der Wettbewerbsteilnehmer dorthin, denn wer oben nicht mitspielt, muss sich über aufwendige, unwirtschaftliche Wettbewerbsverfahren das Tor zur Baukultur öffnen.Der Wettbewerb an sich ist ein gutes Mittel, um optimale und unterschiedliche Lösungsansätze zu finden. Er spornt an, alternativ zu denken und bisher nicht gedachte Lösungsansätze zu finden, die einzigartig sein können. Doch bis man teilnehmen darf, durchläuft man ein zum Teil fragwürdiges Qualifizierungverfahren.Ist die erste Hürde der Teilnahme genommen, fokussiert sich der Wettbewerb thematisch und zeitlich auf ein Ziel. Man möchte die beste Lösung entwerfen und diese am vereinbarten Termin abgeben. Während des Wettbewerbs fühlt man sich mitunter wie in einem Rausch. Man ordnet alles seiner Arbeit unter und geht bisweilen an seine Grenzen –  überschreitet sie sogar. Man durchläuft eine Art Läuterung, an dessen Ende das Gefühl der wahren Erkenntnis herrscht,  wie nach der Kur in einem Jungbrunnen.Unterliegt man beim Wettbewerb, so kann das eine heilende Wirkung haben, wenn man bereit ist, sich mit den Gründen zu beschäftigen. Was hätte man besser oder anders machen können, um ganz vorne zu sein.Wirtschaftlich geht man beim Wettbewerb ein hohes Risiko ein. Man sollte nur daran teilnehmen, solange man die entstehenden Kosten tragen kann.Für die Baukultur sind Wettbewerbe unerlässlich und wichtig, da sich in der Regel die besten Entwürfe durchsetzen und so die Qualität unserer gebauten Umwelt bereichern.Sie wirken daher eher als Medizin für die Baukultur. Für manche Büros könnten sie ökonomisch betrachtet aber auch das Gift sein. Hans-Heinrich Möller, 1951 geb. in Gutersloh, 1970 Abitur in Bad Kreuznach, 1971-79 Architekturstudium an der TU Braunschweig, 1979-83 Mitarbeit bei v.Gerkan, Mark + Part., 1983-87 wiss.Assistent TU Braunschweig, Instit.f.Baugestalt., Prof.v.Gerkan, 1987 Mitarbeit im Architekturburo G.Wannenmacher, Bielefeld, seit 1995 Partnerschaft mit Andreas + Christof Wannenmacher
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Mike Gorges / 11.10.2013 / 12:47

Architekt, Losheim am See & Trier

Ja ...

Meiner Meinung nach ist Entwerfen ein Prozess. Ein Dialog zwischen Architekt, Investor und Nutzer. Jeder bringt sein Fachwissen und seine Leidenschaft in ein Projekt ein, um es zu einem Erfolg werden zu lassen. Argumentieren, Abwägen und Optimieren gehören zu diesem Prozess für mich dazu. Bietet mir das ein Wettbewerb? Nein, das tut er definitiv nicht. Es war 2004 und ich gerade frisch gebackener Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Architektur. Da ich im väterlichen Architekturbüro aufgewachsen bin, war ich zwar realistischer eingestellt als viele meiner Kollegen. Aber bekannt und angesehen zu sein in seinem Beruf – nein, seiner Berufung – wer will das nicht? Mit einem Wettbewerbssieg diesen großen Schritt zu gehen – wieso nicht! So kam es, dass ich mich in einem Kolloquium eines offenen städtebaulichen Wettbewerbsverfahrens in Hamburg wiederfand: Schmidts Tivoli an der Reeperbahn. Rund 500 Kilometer von meiner Haustür entfernt. Zusammen mit geschätzten 200 Kollegen. Fast alle waren jung. Und fast alle hatten den gleichen Traum. Die Frage, die sich mir in dieser Runde schlagartig stellte, war keine fachliche. Sie war eine idealistische. Will ich das hier wirklich? Passt ein Wettbewerb überhaupt zu mir und meiner Auffassung vom Entwerfen? Meine einleitende Antwort auf diese Frage hatte ich im Charme des Reeperbahn-Theaters recht schnell gefunden. Das Auditorium in Schmidts Tivioli habe ich verlassen, bevor sich das Rauschgefühl weiter ausbreiten konnte, welches mich überhaupt erst hierhin trieb. Dem Reiz des offenen Wettbewerbs als Rauschgift der Architektur in seiner reinsten Form bin ich seitdem nie mehr erlegen. Die gewonnene Zeit stecke ich seitdem lieber in meine bezahlten und wertgeschätzten Projekte sowie in den Ausbau meines Unternehmens. Mike Gorges, Jahrgang 1978, ist im väterlichen Architekturbüro aufgewachsen. Seit 2004 ist er als Architekt und Stadtplaner im eigenen Büro STUDIODREIZEHN in Losheim am See und Trier tätig. Das Büro ist auf die Gestaltung von Produktions- und Arbeitsstätten spezialisiert und verfolgt das Ziel, das Wohlbefinden der Menschen zu steigern und Innovationen zu fördern. 
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Johannes Stumpf / 11.10.2013 / 10:11

Architekt, Berlin

Nein ...

Hilft uns ein Schuss Wettbewerb, den schnöden Alltag als gebeutelte Dienstleistungskasper beiseite zu schieben?Der schmale Grat zwischen Schaden und Nutzen, zwischen Wegbomben und Bewusstseinserweiterung ist bei Drogen selten eindeutig zu lokalisieren. Und dann gibt es ja noch einen kulturellen Kontext des Konsums... Architektur adressiert mehr als den unmittelbaren Kunden. Ob Tante Emma im Designer-Blümchenkleid schön oder eher vogelscheuchig rüberkommt, ist kein gesellschaftliches Problem. Ein nach dem Gusto von Einzelinteressen hingeklopptes Haus schon. Wettbewerbe helfen, in komplexen Lösungsfeldern den ausgewogensten Ansatz zu finden. Außerdem erzeugen sie Öffentlichkeit und befördern damit den gesellschaftlichen Diskurs über Sinn, Zweck und Qualität von Architektur. Wettbewerbe öffnen zudem die Tore für Ideen, die in rein rendite-orientierten Szenarien unter den Tisch fallen würden und helfen Kollegen, Ihre Reputation aufzubauen.Aber verschärfen Wettbewerbe das Problem der Marktsättigung? Nein, denn es kann ja für jeden Auftrag eh immer nur einen Auftragnehmer geben. Wie sieht es da für den Einzelnen aus, der sich der Konkurrenz der Ideen stellt? Ich kenne Büros, die ganz klar sagen, dass etwa 10% Ihrer Einnahmen in Wettbewerbe investiert werden, damit hieraus die restlichen 90% der Einnahmen generiert werden. Besonders ist dies in Österreich und der Schweiz der Fall, da hier viel mehr offene Wettbewerbe ungleich ausgelobt werden. Ergo: Je mehr Wettbewerbe es gibt und je geringer die Teilnahmehürden sind, desto häufiger ist der Wettbewerb Teil eines erfolgreichen Geschäftsmodells. Bei uns in Deutschland sind Wettbewerbe rar geworden, denn sie werden von den meisten Bauherren als lästig und teuer empfunden. Schuld daran sind leider die EU-Mittelstandsförderung und ihr Veröffentlichungsgebot. Das Problem ist also nicht ein Überangebot an designverliebten Wettbewerbslemmingen, sondern vielmehr ein Unterangebot an (möglichst offenen) Wettbewerben. Zu Bauen gäbe es genug und mögliche Wettbewerbe böten sich an allen Ecken und Enden an. Was dabei verloren geht, ist eine besondere Kultur des Dialogs um Architektur und ihren gesellschaftlichen Kontext. Und das ist leider bestimmt nicht bewusstseinserweiternd. Johannes Stumpf, geboren 1963, arbeitet als freier Architekt in Berlin. Er engagiert sich ehrenamtlich als stellvertretender Vorsitzender im Ausschuss für Wettbewerbe und Vergabe der Architektenkammer Berlin. 
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Gabor Kovacs / 10.10.2013 / 14:57

Architekt, Essen

Ja ...

Ich arbeite bereits seit einigen Jahren mit der Stadt Mülheim an der Ruhr zusammen und saniere, erweitere Schulen und Kitas mit absoluten Minibudgets, wo leider die Möglichkeiten, was man denn macht, sehr beschränkt sind (Haushaltssperre der Stadt). Vor zwei Jahren schrieb die Stadt Essen, also meine Heimatstadt, einen öffentlichen Wettbewerb mit einem vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren für eine 3-zügige-Grundschule aus. Meine Teilnahmemöglichkeit scheiterte alleine schon daran, dass ich eben nicht schon 3 solche Schulen gebaut habe, und nicht den Jahresumsatz der Büroeinnahmen erziele, die zur "Qualitätssicherung" gewünscht war. Ja, Entschuldigung, aber es geht doch erstmal nur um einen Wettbewerb, was locker, von der „Manpower“ her  auch Studenten schaffen würden. Was dann passiert, ist klar. Da wird - ich unterstelle mal bewußt - einer ganzen Heerschaar an interessierten, guten und jungen Leuten, die Chance genommen, sich in der Öffentlichkeit zu positionieren. Ich rede da weniger über mich, sondern vielmehr über engagierte Kollegen, die häufig aber am Existenzminimum rumknapsen, weil sie vom Markt von vornherein ausgeschlossen werden. Anderes Beispiel. Ebenfalls die Stadt Essen, bzw. Zollverein gemeinsam mit den öffentlichen Verkehrsbetrieben schreibt einen Mini-Wettbewerb zur Neugestaltung der Strassenbahnhaltestelle Zollverein aus. Quasi ein kleines Aushängeschild, wenn man dort mit der Straba ankommt. Wir haben teilgenommen und ein wirklich gutes Konzept erstellt, das einen gewissen intellektuellen, kulturellen Anspruch hegt. Einige Wochen später: Preisverleihung im Rahmen der Jahresfeier der vom Zollverein gegründeten sogenannten "Kreativen Klasse Essen". Ort: Zollverein mit Anwesenheit der ganzen lokalen Medienvertreter. Prämiert werden die ersten 3 Gewinner, ausgestellt die ersten 5 Arbeiten, der Rest der eingereichten Arbeiten, es waren so an die 90, verschwindet hinter verschlossenen Türen von Zollverein auf nimmer Wiedersehen, mit der Begründung, man hätte wegen der Lokalität keine Möglichkeit zu einer umfassenden Ausstellung. Während der schöne Kubus von SANAA leersteht, weil die Designschool Zollverein sprichwörtlich nicht funktionierte und das Haus für eine Totgeburt erbaut wurde. Ich hätte am liebsten damals einen öffentlichen Brief verfaßt. Wie kann es sein, dass gewissse Leute in öffentlichen Funktionen ein öffentliches Prozedere so, sagen wir mal frei Schnauze , eben dieser Öffentlichkeit bewußt vorenthalten und somit jegliche Diskussion im Keim ersticken? Da kaufe ich doch lieber Ihr Buch und konzentriere mich auf potentielle und vorhandene Kunden, anstatt mein Büro in den Ruin zu wirtschaften, oder mich darum zu kümmern, was uns, als kleines Büro gar nicht erst ermöglicht wird. Wenn wir uns alle über Baukultur oder eher durch leider oft nur ein Fachpublikum beworbene Interesse an Baukultur beschweren...wen wundert es? Die gesetzten Mechanismen von Wettbewerbsverordnungen und Zulassungsmöglichkeiten verhindern ja geradezu die Entwicklung eines breiteren Interesses der Öffentlichkeit für Baukultur. Warum werden auch kleinere Wettbewerbe immer wieder international ausgelobt, anstatt die lokalen bis national tätigen Büros zu stärken und somit eben die lokale Baukultur zu forcieren. Gerade das Vorarlberg erscheint mir in diesem Zusammenhang als Paradebeispiel eines langjährigen und auch sehr erfolgreichen Zusammenschlußes von Baupolitik, gemeinsam mit Institutionen, Kulturschaffenden und der interessierten Öffentlichkeit. Solange aber gewisse Gremien immer wieder "ihr eigenes Süppchen" kochen....ach je..ich höre lieber auf. Gabor Kovacs wurde 1967 in Györ/Ungarn geboren. 1980 übersiedelte er nach Deutschland und studierte Architektur an der Universität Gesamthochschule Wuppertal. Für seine Diplomarbeit (Studiokinos) erhielt er eine Auszeichnung der Stadt Wuppertal. Heute lebt und arbeitet er als freischaffender Architekt in Essen.  
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Karin Hartmann / 10.10.2013 / 13:51

Freie Architektin, Expertin für Wettbewerbsbetreuung, Autorin, Bloggerin

Ja ...

Ganz klar - ja! Wettbewerbe entstehen nicht ohne Drogen, sei es Erfolgsrausch oder Adrenalin. Wettbewerbe sind Produzenten für Bilder, die es sonst nicht gäbe. Sie machen Fantasie sichtbar. Sie machen Architektur sichtbar. Der Laie kann sich plötzlich an diesem Ort etwas vorstellen, der Kollege kann sein eigenes Bild von Architektur weiterentwickeln. Dabei ist es unerheblich, ob der Entwurf ausgezeichnet wurde oder nicht. Wettbewerbe liefern Bilder, die Bestandteil des „kollektiven Gedächtnisses“ der Baukultur werden, Jeder Entwurf, jedes Bild entwickelt das Verständnis von Architektur weiter und liefert damit einen Beitrag für die große Sammlung von Bildern, die von der Welt entstehen und die Zukunft illustrieren. Wettbewerbe machen die unverwechselbare Arbeit von Architekten sichtbar, und unterscheiden sie von Projektsteuerern und Bauingenieuren mit Bauvorlageberechtigung, die an anderer Stelle längst Aufgabenbereiche von Architekten übernommen haben. Für die Qualität eines guten Rausches wünsche ich mir … … bessere Auslobungen. Die Bauherren wissen oft nicht, welche Macht in der Auslobung steckt. Wesentlich ist eine genaue Analyse der Nutzerbedürfnisse, die in die Aufgabenstellung einfließt. Zu oft werden wesentliche Entscheidungen im Vorfeld nicht getroffen und für die Architekten im Entwurf zum Ratespiel. … weniger Bürokratie in den Bewerbungsverfahren. Zu Recht regen sich die Architekten auf, wenn sie die lange Liste der Kriterien im EU-Text lesen. Die VOF vereinfacht anzuwenden ist möglich, aber nicht unbedingt üblich. Oft von Juristen unterstützt, werden "sicherheitshalber" alle Kriterien im Detail abgeprüft – für die Praxis überflüssig und abschreckend. … gute Wettbewerbsbetreuer, die dem Auslober helfen, die Fäden an der richtigen Stelle zu ziehen. Dazu gehört außer der fundierten Auslobung die Hilfe bei der Auswahl eines qualifizierten Preisgerichtes und eine detaillierte, neutrale Vorprüfung, die eine Jury unterstützt, die Stärken und Schwächen des Entwurfs einzuschätzen. … eine Beteiligung junger Büros als Pflicht, so dass Wettbewerbe Talentschau werden und Trendschau bleiben dürfen. … eine bessere Vermarktung und Förderung der Wettbewerbs-Ausstellungen mit dem Hintergrund, dass Architektur ein Bestandteil der Kunst ist. Eine Online-Stellung aller Entwürfe sollte Standard werden, als Bildersammlung, und um die Arbeit aller Teilnehmer zu würdigen. … eine Beibehaltung des Gewinnerprinzips. Nur im Wettbewerb entstehen im Wettbewerb wirklich gute, kreative Lösungen. Karin Hartmann ist freie Architektin und Expertin für Wettbewerbsmanagement mit eigenem Büro in Paderborn. Zugleich ist sie ist Gründerin der Initiative Paderborn – Baukultur für meine Heimatstadt, www.baukulturpaderborn.wordpress.com, hier berichtet und kommentiert sie lokal und überregional über Tendenzen der Baukultur
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Jochen Garbe / 10.10.2013 / 10:53

Landschaftsarchitekt, Berlin

Nein ...

Meine Begründung:Baukultur kann nur im Dialog verschiedener gesellschaftlicher Gruppierungen entstehen.Der Architektenwettbewerb leistet ohne Zweifel einen wichtigen Beitrag zur Architektur.Vor einer Preisgerichtsentscheidung ist das Prinzip des Dialogs aber nur bedingt von Bedeutung.Das kann sich nach einer Preisgerichtsentscheidung ändern.Leider gibt es dann häufig eine negative Entwicklung, wenn gesellschaftliche Debatten zu Lasten der Wettbewerbsteilnehmer geführt werden.Die Grundidee des Architektenwettbewerbs – den Besten zu küren und auch realisieren zu lassen – wird dabei häufig konterkariert. Meine Geschichte:Zu Architekturwettbewerben habe ich ein inniges und emotionales Verhältnis.Mein erster gezeichneter Strich im Büro des Landschaftsarchitekten Georg Penker in Neuss war der Grundriss der italienischen Botschaft für den Wettbewerb des Diplomatenviertels in Berlin 1985/ 86 (dieser wurde übrigens nie realisiert).Seitdem habe ich  an vielen Wettbewerben selber teilgenommen, siebegleitetoder mir deren Ergebnisse angeschaut.Was mich von Anfang an gestört hat, ist der Abruf von Leistungen, die für die Beurteilung der besten Idee völlig irrelevant sind. Die Wertschätzung von Auslobern gegenüber Architekten, der HOAI – Grundleistungserbringung ohne Honorar – ist leider gering ausgeprägt. Mein Vorschlag:Ein Wettbewerbsbeitrag – egal wie groß die Bauaufgabe ist – darf nicht mehr als fünf Arbeitstage für einen Architekten erfordern.Das bedeutet, dass in einer ersten Sondierungsrunde viele Kollegen ohne Beschränkung teilnehmen, damit sie tatsächlich in einen Wettstreit um die beste Idee treten können.Darauf folgende Runden müssen dann für Teilnehmer, die sich  vorher durchgesetzt haben, HOAI-konform honoriert werden.In diesem Moment verliert der wirtschaftliche Aspekt einer Wettbewerbsteilnahme an Bedeutung.Der Wettstreit um die beste Lösung würde an Bedeutung gewinnen. Insgesamt würde wesentlich weniger Planungsleistung verbrannt werden. Mit Baukultur hätte das dann insoweit wieder zu tun, wenn diese honorierten Runden in offenen Verfahren sowie unter Beteiligung betroffener gesellschaftlicher Gruppierungen stattfindenwürden. Landschaftsarchitekt Jochen Garbe, Berlin
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Gabor Kovacs / 9.10.2013 / 15:09

Architekt, Essen

Ja ...

Was mich an solchen Diskussionen immer wieder wundert, ist, wie wenig gerade die jüngere Generation sich gegen gesetzte Regeln auflehnt und sich zusammenschließt, ganz ähnlich, wie es vor einem knappen Jahrzehnt ist Österreich passierte. Da gibt es ja die IG Architektur. Genaudazu sagte mal einer der QUERKRAFT-Gründer im Rahmen der Veranstaltung "Offensive Wien" in Münster (Ich weiß nicht mehr genau, wer das war, ich meine es war Michael Zinner,ehem. Gründungsmitglied), folgendes: "Wenn wir merken, dass Wettbewerbsauslobungen nicht korrekt sind, schließen wir uns mit anderen jungen Kollegen zusammen und gehen gemeinsam gegen so etwas vor." In der Tat, sie haben es geschafft. AWG, Querkraft, Feld72, Sofa Architekten, etc. Ich frage mich seit Jahren, warum so etwas, speziell im Ruhrgebiet, nicht mal ansatzweise existiert. Das permanente Konkurrenzdenken zerstört mehr, als dass sich mal eine Generation zusammenschließt und gemeinsam für ein Gehör kämpft. So wurschtelt jeder für sich und bleibt letztendlich unzufrieden. Als ich mich 2005 selbständig machte, hörte ich gerade bei einer Fortbildungsveranstaltung der hiesigen Kammer folgendes. Ich weiß leider den Namen des Referenten nicht mehr, jedenfalls sagte er: "Vergessen Sie Wettbewerbe, wenn Sie eine Existenz aufbauen wollen. Investieren Sie Ihre Zeit und Geld lieber in den Aufbau von Kundenkontakten und entwerfen Sie einen kleinen Anbau für 10.000 Euro, anstatt 160 unbezahlte Stunden in einen Wettbewerb zu investieren, von dem Sie noch nicht mal hoffen können, beauftragt zu werden." Dieser Satz ist dermaßen hängengeblieben! Gabor Kovacs wurde 1967 in Györ/Ungarn geboren. 1980 übersiedelte er nach Deutschland und studierte Architektur an der Universität Gesamthochschule Wuppertal. Für seine Diplomarbeit (Studiokinos) erhielt er eine Auszeichnung der Stadt Wuppertal. Heute lebt und arbeitet er als freischaffender Architekt in Essen.
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Wolfgang Riehle / 9.10.2013 / 15:05

Architekt & Präsident der AK Baden-Württemberg, Reutlingen

Nein ...

Nein! Der Wettbewerb ist nicht das Rauschgift der Baukultur – eine Überdosis würde nämlich nicht zum baukulturellen Kollaps führen! Der Wettbewerb ist vielmehr die Arznei, deren heilende Wirkung die Therapie des Patienten Baukultur unterstützen kann – bei korrekter Anwendung und den richtigen Zutaten. Einschlägige und notwendige Zutaten sind in erster Linie ein echter Wettkampf, professionelle und faire Bedingungen, verbindliche Zusagen sowie eine qualifizierte Jury. Zunehmend wichtiger werden Transparenz und Information auch nach außen. Trotz möglicherweise auftretender Nebenwirkungen wie volkswirtschaftlichem Wahnsinn und betriebswirtschaftlichen Katastrophen ist die belebende Wirkung für die Baukultur ein unschätzbarer Gewinn. Die im Wettbewerb entstehenden ästhetisch-kreativen, technischen, ökonomischen und ökologischen Ideen sichern planerische Qualitäten und damit gesamtgesellschaftlich das Niveau der Baukultur. Unkultiviert wird es nur dort, wo ein Wettkampf um die beste Lösung unter qualifizierten Rahmenbedingungen gar nicht stattfinden kann. Die daraus resultierenden Mangelerscheinungen (Entzugserscheinungen?) sind leider vieler Orts bereits akut sichtbar ... Es bleibt zu hoffen, dass mögliche Heilungschancen rasch ergriffen werden. Am besten fragen Sie Ihren Architekten oder Stadtplaner! Wolfgang Riehle ist Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg und einer von vier geschäftsführenden Gesellschaftern der Riehle+Assoziierte GmbH+Co. KG.
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Brigitte Holz / 9.10.2013 / 12:10

Architektin & Stadtplanerin, Darmstadt

Nein ...

Die Frage und die dazu gestellte Erläuterung geben sich den Anstrich der Radikalität, die aber bei genauerem Hinsehen lediglich auf einer Verkürzung, wenn nicht gar auf einem Ausblenden der Realität beruht. Tatsächlich ist das Problem in der Praxis nicht die überbordende Anzahl an (offenen) Wettbewerben, sondern die Einschränkung des Zugangs zu Wettbewerbsverfahren, d.h. eines fairen und angemessenen Marktzugangs überhaupt. Hinzukommt der unangemessene Aufwand, der mit vielen Verfahren verbunden ist.Tatsächlich werden inzwischen viele, insbesondere kleine und junge Büros vom Wettbewerb durch Zugangsbeschränkungen ausgeschlossen, die in keinem Verhältnis zu dem stehen, was am Ende realisiert werden soll. Man kann eine gute Schule, einen guten Kindergarten entwerfen und bauen, auch wenn man diese Bauaufgaben in den letzten zwei Jahren nicht oder noch nie realisiert hat.Ist der Zugang zum Verfahren gelungen, werden in vielen Wettbewerben Nachweise wie etwa zum Energieverbrauch oder zu Kosten in einer Tiefe verlangt, die auf der Ebene eines Vorentwurfs nicht getroffen werden müssen oder getroffen werden können. Hier gehen volkswirtschaftlich fragwürdig viel Zeit und Energie verloren.Nein, das Problem sind nicht die Wettbewerbe, das Problem ist der Umgang mit dem kreativen Potenzial der Architekten überhaupt, dass trotz unzähliger planerischer Herausforderungen nicht ausreichend abgerufen wird. Die Erläuterung der Fragestellung reduziert dieses Potenzial auf seine Marktrelevanz und setzt sich nicht damit auseinander, dass unsere Gesellschaft das Angebot ihrer Architekten insgesamt nur eingeschränkt und unzureichend nutzt.Statt zu fordern, die Anzahl insbesondere offener Wettbewerbe wieder zu erhöhen, wird davon, dass sie inzwischen die Ausnahme bilden, mit dem Rat zu marktkonformer Spezialisierung abgelenkt. Kommen nicht die guten Lösungen oftmals gerade von denen, die keine ausgewiesenen Spezialisten in der Lösung bestimmter Bauaufgaben sind? Insbesondere in Ländern und Gemeinden, die für ihr hohes baukulturelles Niveau bekannt sind, werden viele, auch offene Wettbewerbe ausgelobt. Dort hat man auch den Mut, jungen oder unbekannteren Büros zu vertrauen.Baukultur ist hier auch Planungskultur. Auf der Suche nach der besten Lösung ist der Wettbewerb immer noch mehr als wegweisend.  Brigitte Holz, Architektin und Stadtplanerin, ist seit 1981 Gesellschafterin im Büro Freischlad + Holz, Darmstadt, außerdem seit 1995 Gesellschafterin im Büro Herwarth + Holz, Berlin und Cottbus. Sie ist seit 1996 im Vorstand der Hessischen Architekten- und Stadtplanerkammer und Spitzenkandidatin des BDA Hessen für die Kammerwahl 2014.
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Gabor Kovacs / 8.10.2013 / 22:37

Gabor Kovacs Architektur, Essen

Ja ...

Ja, Es ist gewissermaßen das bewusst "von vornherein gesteuerte Ausschlussverfahren junger, kleinerer Büros"!"Ach ja, sie haben noch keine Grundschule gebaut?", "Ja, leider können Sie am Verfahren dann nicht teilnehmen." … Sorry, aber das ist echt Bullshit und killt eine ganze Nachwuchsgeneration. Ich habe jedenfalls nach 2x Europan, 1xColumba Köln, 1xNeubau Architektenkammer NRW (700!!! Teilnehmer in der 1.Phase) und 1xShinkenchiku Japan meine Zeit lieber darin investiert, vernünftige Bauverträge mit zahlenden Kunden abzuschließen, als dieser Ausbeutungsmaschinerie zu folgen. Ich würde allerdings sofort wieder mitmachen, wenn: 1. die Leistungen vergütet würden, 2. die Zulassungsmöglichkeiten anders wären. Von Gerkan hat völlig recht, wenn er im Abschluss seines BER Besuches das gängige System kritisiert. Niemals hätte er unter heutigen Bedingungen den Wettbewerb für Tegel machen können. Ich frage mich, wo vertritt meine Kammer die Interessen gerade der kleineren, jüngeren Büros? Und warum schafft sie diesen Wahnsinn an gesetzten Reglements nicht ab? Anzahl der Mitarbeiter, Umsatz, Bürogröße, realisierte Projekte, etc. … Wenn das maßgebend für die geistige, intellektuelle Qualität eines Zugangs zu einem unbezahltem Wettbewerb sein soll, dann sage ich nur: Gute Nacht, Baukultur!Kleine Ergänzung: Wenn ich zum Bäcker gehe und unter all den Brötchen herausfinden möchte, welches mir am besten schmeckt, steht es außer Frage, dass ich für alle, die ich probieren möchte, auch bezahle. So sollte es und muss es auch mit Wettbewerben sein. Es ist ein Unding, wenn zum Teil weitaus über 20.000 Euro Investitionskosten entstehen, ohne dafür eine Aufwandsentschädigung zu erhalten. Deutschland frisst seine Architekten.
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Regula Lüscher / 8.10.2013 / 11:29

Senatsbaudirektorin, Berlin

Nein ...

Erstens: Das Führen eines Architekturbüros ist eine unternehmerische Leistung und dazu gehört, dass in einem vermeintlich gesättigten Markt Konkurrenz das Mittel ist, um die guten von den schlechten Ideen  zu unterscheiden.Zweitens: Soll diese Unterscheidung aufgrund  architektonischer Qualität erfolgen, sind Architekturwettbewerbe mit ausgewiesenen Fachjurys immer noch das beste Instrument dazu.Drittens: Nicht jede Bauherrenschaft ist eine qualifizierte Bauherrenschaft. Bauherren müssen professionalisiert und beraten werden und das leistet eine Fachjury. Wenn Architekturbüros sich auf Bauherrenberatung spezialisieren, wie z. B. Begleitung von Baugruppen, ist das gut, ersetzt aber nicht den Prozess, das jeweils beste Projekt auszuwählen.Viertens: Gegen die Spezialisierung von Architekturbüros auf bestimmte Themen und Bauaufgaben, die bestimmte Kunden oder „Communities“ bedienen, ist nichts zu sagen. Als öffentliche Bauherrin wünsche ich mir natürlich kompetente Wohnungsbauerinnen, Schulhausbauer,  Opernbauer oder Denkmalsaniererinnen. Aber aufgepasst, wir sollten nicht in technokratische Zustände zurückfallen, indem z. B. Spitalplaner oder Institutsplaner quasi konkurrenzlos an Aufträge kommen, denn das leistet unserer Architekturproduktion einen Bärendienst . Auch bei berechtigter „Spezialisierung“ ist Ideenkonkurrenz ein wichtiger Faktor für Innovation. Ohne die hätten z. B.  Herzog & de Meuron nie ein atemberaubendes humanes Reha-Zentrum für Paraplebiker in Basel gebaut.Fünftens: Architekturwettbewerbe bieten eine Plattform, Talente sichtbar zu machen. Es ist eine mögliche, aber sicher nicht die einzige Form der „Partnerbörse“ zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.Sechstens: Architekturwettbewerbe sind eine Form, die den Dialog zwischen Bauherren, Behörden und Architekten transparenter machen und die zukünftigen Partner für einen bevorstehenden, oft noch steinigen Umsetzungsprozess zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammen zu kitten.Siebtens: Baukultur ist Dialogkultur. Wo wird seriöser und versierter über Projekte und Bauaufgaben diskutiert als in einem Preisgericht? Regula Lüscher studierte an der ETH Zürich Architektur und war zunächst im eigenen Architekturbüro tätig. 1998 wechselte sie in das Amt für Städtebau der Stadt Zürich, und war dort von 2001 bis 2007 als stellvertretende Direktorin tätig. Seit 2007 ist Lüscher Senatsbaudirektorin im Range einer Staatssekretärin in Berlin. Zudem ist sie Aufsichtsratmitglied mehrer Wohnungsbaugesellschaften und Honorarprofessorin an der Universität der Künste in Berlin.
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Lorenz Brugger / 8.10.2013 / 11:27

Architekt, Stuttgart

Ja ...

Wettbewerbe sind gut, sogar sehr gut! Sie sind der einzige Bereich im Architektenberuf, wo die so viel gelobte und so unverhältnismäßig extrem in den Vordergrund gestellte Kreativität der Architekten auch tatsächlich voll und ganz angewendet werden kann. Sie zeigen aktuelle Trends der Architektur, pushen gute Architektur und spiegeln natürlich auch die im Land vorherrschende Baukultur wieder. Wettbewerbsbeiträge und -ergebnisse unterscheiden sich ja in jedem Land wesentlich voneinander. Dies hat mit den Rahmenbedingungen, aber auch mit den vorherrschenden Ideologien der Architekten in den jeweiligen Ländern zu tun. Alleine deswegen sind Wettbewerbe hochinteressant; sie zeigen nicht nur ein breites Spektrum an Architekturen, sondern eben auch eine Bandbreite von Ideen, kulturellen Eigenarten, persönlichen Einstellungen und vieles mehr. Sie sind also unentbehrlich für die Baukultur und bereiten auch den Weg für die Entwicklung der Baukultur. Wettbewerbe, wie der für das berühmte Centre Pompidou, brachten reihenweise für die damalige Zeit zukunftweisende Entwürfe hervor.Im Prinzip unterscheiden sich Architekturwettbewerbe ja nicht so stark von Entwürfen, die an den Universitäten angeboten werden. Es wird eine konkrete Bauaufgabe unter besonderen Rahmenbedingungen ausgeschrieben und derjenige, der die beste Lösung findet, bekommt einen Preis bzw. eine gute Note. Jedoch kann man das Dasein des Architekten nicht mit dem Dasein des Architekturstudenten vergleichen. Die Studenten freuen sich über die gute Note, verlangen gar keine Bezahlung, im Gegenteil, sie sind glücklich wenn sie durch eine ordentlich abgeschlossene Leistung viel gelernt haben und dafür belohnt werden. Der Architekt hingegen muss neben dem tatsächlichen Lerneffekt auch über die Runden kommen, also Geld verdienen und hier entsteht das eigentliche Problem. Wie soll also den Architekten, die alle ja so gerne selbstständig sind, den Einstieg in eben jenes selbstständige Arbeitsleben erleichtert werden, wenn sie ohne Bezahlung teilweise jahrelang einen Wettbewerb nach dem anderen durcharbeiten. Einige wenige gewinnen, erhalten jedoch nicht mal im Ansatz leistungsgerechte Preisgelderund müssen noch dazu hin und wieder erfahren, dass das von Ihnen gewonnene Projekt gar nicht gebaut werden wird und somit noch mehr Geldverlust damit einhergeht? Und wieso lassen sie das mit sich machen?Ja, tatsächlich gibt es eine Sättigung am Markt der Architektur. Und genau die führt dazu, dass heute viele Wettbewerbe willkürlich ausgeschrieben werden, ohne das wirklich ernsthaft darüber nachgedacht wird, ob man sie im Anschluss bauen kann oder will. Und dann werden auch noch unverschämt niedrige Preisgelder angesetzt, weil man sich das leisten kann, denn es gibt genug Architekten, die einen Wettbewerb nur deswegen machen, um ihn dann für ihr Image auf der eigenen Website präsentieren können. Ja ich glaube, dass heute viele (bei Leibe nicht alle) Architekten nur aus Glamour und Ruhm bei Wettbewerben mitmachen. Und ich glaube, dass viele Auslober genau diesen Umstand schamlos ausnutzen. Es gibt Unmengen an Rahmenbedingungen für Wettbewerbe: Baurecht, Bauordnungen, Bauleitpläne, Bebauungspläne, Brandschutz, Fluchtwege, usw. Es gibt romanartige Ausschreibungsunterlagen zu Wettbewerben und stundenlange Kolloquien. Leider wird dabei aber nie über Zeit, Aufwand und vor allem das leidige Thema Geld geredet. Anstatt dessen werden heute neben einer Fülle an Plänen auch noch hochauflösende Renderings verlangt, die nur noch mehr Zeit rauben und meist wenig bis gar nichts zeigen außer nette, unrealistische Wetterstimmungen. Das Wettbewerbswesen ist für Architekten unumgänglich, treibt sie an und verlangt vieles ab. Es gibt auch immer nur wenige Gewinner- ganz nach dem Prinzip eines Wettbewerbs. Jedoch ist es an der Zeit, umzudenken und den Ruhm und die Vergütung für Wettbewerbe zu trennen. Wir sind an einen Punkt gekommen, wo alle Teilnehmer von Wettbewerben für die Teilnahme eine Entschädigung (in welcher Form diese auch immer aussieht) einfordern sollten. Lorenz Brugger, geboren 1983, wuchs im zweisprachigen Bozen in Südtirol, Italien auf und ging nach Abschluss der Schule nach Deutschland und studierte dort an der Universität Stuttgart Architektur und Stadtplanung. Nach Auslandsaufenthalten in Oslo und Zürich schloss er erfolgreich sein Studium ab. In seiner Diplomarbeit über das Valle Maira setzte er sich mit der Entsiedelung von dörflichen Regionen in den italienischen Westalpen auseinander. Er arbeitet als angestellter  Architekt bei der Freien Planungsgruppe 7 in Stuttgart.
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