"Braucht die Baukultur
mehr Bauherren wie
Tebartz-van Elst?"
Ja! 56%
Nein! 44%
Anstelle von geplanten 5 Mio. Euro hat der Bau des Limburger Bischofssitzes 31. Mio. Euro gekostet. Architekt ist Michael Frielinghaus, Präsident des BDA.
Der Gebäudekomplex wird von den einen als Prunkbau beschimpft und von den anderen wegen seiner architektonischen Qualität hoch gelobt. Müsste man als Architekt und Freund der Baukultur aber nicht dem Bauherren dankbar dafür sein, dass er in einer Zeit, in der im Bauen und der Kultur allgemein fast nur noch gespart wird, für hochwertige Architektur auch viel Geld auszugeben bereit ist?
Die Kirche hat in der Vergangenheit überwältigende und spektakuläre Bauten produzieren lassen. Dass diese damals oft ebenfalls exorbitant teuer waren, stört uns heute weniger. Wer sonst leistet sich hierzulande heute diese Qualität, deren Verlust allerorten so lautstark beklagt wird? Täten ein paar mehr Auftraggeber à la Tebartz-van Elst unserer Baukultur von heute nicht sogar gut?
Jein ...
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Ja ...
Der Bischof von Limburg scheint aus der Zeit gefallen zu sein, wenn man die leidenschaftlichen Kommentare im Internet liest, die an eine andere große kirchliche Tradition erinnern: die Hexenjagd. Zeitgenossen, die normalerweise differenzierend argumentieren, scheuen sich nicht, Selbstmordfantasien an den geistlichen Bauherren zu richten, dessen Titulierungen mit "Protz-Bischof" oder "irres Bambi" noch sanft umschrieben werden.
Was hat Bischof Tebartz-van Elst denn (baukulturell und architektonisch gesehen) getan?
Er hat sich NICHT durch ein anonymes, wachsweiches, uninteressiertes und entscheidungsscheues Gremium vertreten lassen. Sondern er hat einen identifizierbaren, persönlichen, authentischen und – wenn man mit seinem Architekten spricht – gebildeten und mit Geschmack gesegneten Bauherren verkörpert. Er hat eine dezente aber sorgfältig gefügte Materialität im Detail verlangt, die von sehr guten Handwerkern aus der Region ausführen lassen und nicht von der billigsten Klitsche an mangelhaft werkelnde Subsubsubunternehmer delegiert wurde. Die im Verlauf der Bauarbeiten auftretenden Überraschungen, wie mittelalterliche Turmreste, wurden vom Bauherrn im Sinne des Konzepts als Chance und nicht als Katastrophe verstanden und eine entsprechende Ausweitung des Auftrags als positiv bewertet. Die Bauherrenschaft hat dabei zugegebenermaßen nicht zu sehr auf den Preis geschaut, sondern im Gegenteil dafür gesorgt, dass eine professionelle Consultingfirma zeitnah die Rechnungen prüfte und beglich. Vermutlich wurden auch die Leistungen des Architekten und der Fachingenieure angemessen und nicht nach den von vornherein zu niedrig angesetzten HOAI-Sätzen honoriert.
Der Topf, aus dem die Finanzmittel stammten, hatte genügend Deckung und bestand weder aus zu rechtfertigenden Steuermitteln noch aus zu waschendem Schwarzgeld (wie in anderen Regionen üblich, in denen unsere besten Architekturexporteure sonst gerne arbeiten). Er bestand aus wertstabilen Immobilienanlagen, die mit großer Sorgfalt und ohne Risiko verwaltet wurden. Kirchliche Schätze eben, von deren Existenz die interessierte Öffentlichkeit erst vor kurzem erfahren durfte. Der Architekt wurde bei der Erfüllung seines Werkvertrages weder von missgünstigen Kosten- und Zeitkontrolleuren, noch von gegnerischen Anwälten schikaniert.
Wenn man auf diese Weise einmal die Perspektive ändert – müsste man dann im Bischof von Limburg nicht einen vorbildlichen Bauherren sehen, so, wie die Architektenschaft ihn ständig in ihren professionellen Lamenti als schmerzlich vermisst erklärt?
Peter Cachola Schmal, geb. 1960, ist Architekt, Architekturkritiker und seit 2006 Chefkurator und Leitender Direktor des Deutschen Architekturmuseums (DAM) in Frankfurt am Main. Von 1981 bis 1989 studierte er Architektur an der TU Darmstadt, war 1992 bis 1997 dort wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Fachgebiet Baukonstruktion. Von 1997 bis 2000 Lehrauftrag "Entwerfen" an der Fachhochschule Frankfurt, seit 2000 ist er Kurator am DAM. 2007 war er Generalkommissar des Deutschen Beitrags der VII. Internationalen Architekturbiennale Sao Paulo 2007.
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Hartmut Diekmann / 1.11.2013 / 9:22
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